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Channel: Neunkirchen am Brand - Pressemeldungen
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Portrait einer starken Frau

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Gudrun Schury stellte Kandinsky-Muse Gabriele Münter vor

Literaturwissenschaftlerin Gudrun Schury las in der Neunkirchener Marktbücherei St. Michael aus der von ihr verfassten Biografie über die Malerin Gabriele Münter. Dabei zeichnete sie nicht nur das Bild einer Muse Wassily Kandinskys, sondern vor allem das Portrait einer unkonventionellen Frau, die sich in einer Männerdomäne durchsetzte und den Expressionismus entscheidend prägte.
Der 19. Mai 1962 war ein Tag, an dem sich Geschichte zu verdichten schien: Marylin Monroe hauchte im New Yorker Madison-Square-Garden lasziv ihr legendäres "Happy Birthday" für US-Präsident John F. Kennedy. In Hamburg legten die Beatles im Star-Club den Grundstein für ihre Jahrhundertkarriere. Und in Murnau südlich von München schloss eine Künstlerin im Alter von 85 Jahren für immer ihre Augen, die damals wie heute zu den bedeutendsten Malerinnen Deutschlands gehörte: Gabriele Münter. Ihres Lebens hat sich die Bamberger Literaturwissenschaftlerin und Buchautorin Gudrun Schury angenommen. Nach zweijährigen intensiven Recherchen veröffentlichte sie 2012 eine Münter-Biographie, die sie nun im Rahmen von Vorlesungen einem interessierten Publikum vorstellt.
Station machte Schury auch in Neunkirchen. Auf Einladung des Literaturcafés versammelten sich in der Marktbücherei 50 Literatur- und Kunstfreunde, um Schurys Werk "Ich Weltkind" kennenzulernen.
Schury, die sich bereits mit Gedichtbänden und einer Wilhelm-Busch-Biographie einen Namen gemacht hat, wurde von ihrem Mann, dem Journalisten Rolf-Bernhard Essig, begleitet. Gemeinsam trugen sie vor, wechselten sich beim Sprechen ab und brachten so viel Lebendigkeit in die Lesung. Ungewöhnlich war nicht nur ihre Vortragstechnik, sondern auch das, was sie über die Malerin Münter erzählen konnten. Denn über sie gibt es mindestens zwei Geschichten zu erzählen: eine über Münters Leben als Künstlerin, Kandinsky-Muse, Gründungsmitglied der Künstlervereinigung des "Blauen Reiters", als Wegbereiterin der Klassischen Moderne.
Und eine Geschichte über eine unabhängige Frau, die sich beruflich und privat in einer von Männern dominierten Zeit durchsetzen musste, die kämpfte, litt, manchmal zweifelte, im Kampf gegen gesellschaftliche Konventionen aber immer aufrichtig bleibt. Und damit die Tiefen überwand, die das Leben im Laufe von über acht Jahrzehnten für sie bereit hielt.

Neues und Persönliches
Schury hat viel Neues und Persönliches über Gabriele Münter zutage gefördert. Sie räumte mit Vorurteilen und veralteten Deutungen auf und warf ein interessantes Schlaglicht in eine bisher stiefmütterlich behandelte Ecke der Kunst- beziehungsweise Künstlergeschichte. Ihr Buch ist deshalb eine Bereicherung für jeden, der sich für Münters Schaffen, ihre Portraits, Interieurs oder Landschaftsbilder interessiert.
Ans Herz gelegt sei das Buch aber auch allen, die die Geschichte einer starken Frau kennenlernen möchten. Einer Frau, die unkonventionell, emanzipiert und offen als "Weltkind", als Weltbürgerin ihren persönlichen Lebensweg ging - in einer Zeit, in der dieses Verhalten für eine Frau alles andere als gesellschaftlich anerkannt war, geschweige denn einfach.
Honoriert wurde Schurys Arbeit auch vom Publikum. "Es war ein sehr interessanter Abend", sagte Helga Kuhne aus Neunkirchen und fügte hinzu: "Ich bin begeistert von der Lesung." Begeistert ist auch Heidrun Trommler aus Uttenreuth, die Gabriele Münters Kunst aus Galerien kennt und sich eine handsignierte Biografie gekauft hat. "Schury und Essig haben wunderbar vorgetragen - jetzt habe ich Lust auf mehr", lacht sie, und beginnt in Schurys Buch zu stöbern. ANDREAS KUMMER

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