Große Koalition: Ortsvereine im Landkreis schwanken zwischen verhaltener Zustimmung und Skepsis
VON MANUEL KUGLER
Endspurt in Berlin: Noch diese Woche soll der Koalitionsvertrag stehen.
Dann sind die SPD-Mitglieder am Zug: Nur wenn sie zustimmen, wird die Große Koalition Realität. Eine Umfrage unter SPD-Ortsverbänden im Kreis Forchheim zeigt: Es wird eng.
FORCHHEIM - "Nach heutigem Stand", sagt Klaus Thormann, "zeichnet sich keine Mehrheit ab". 60 Prozent der Mitglieder im SPD-Ortsverein Forchheim seien gegen die Große Koalition. Allerdings sei das lediglich ein Stimmungsbild, es gebe viele Unentschlossene. Erst wenn der Koalitionsvertrag vorliege, lasse sich verlässlich ein Ergebnis vorhersagen. Die Befürworter einer Großen Koalition führten derzeit ins Feld, dass der Wähler die SPD bei Neuwahlen abstrafen würde. Die Gegner seien indes skeptisch, dass etwa der flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro wirklich festgeschrieben werde.
"Ganz klar ist, dass so gut wie kein SPDler einen Koalitionsvertrag unterstützen wird, in dem kein gesetzlicher Mindestlohn steht", betont auch Joshua Bürzle, SPD-Ortsvorsitzender in Neunkirchen. Sollten dagegen Kompromisse zustande kommen, in denen die Handschrift der SPD klar erkennbar sei, "glaube ich nicht, dass sich unsere Mitglieder dem entgegenstellen". Nachdenklich stimmt Bürzle, dass die "wirklich wichtigen Aufgaben" - Europa, Staatsverschuldung, Unterfinanzierung von Bildung - in den Hintergrund gedrängt würden zugunsten von Themen wie der Mütterrente oder der doppelten Staatsbürgerschaft. "Wenn man eine so große Mehrheit im Parlament und im Bundesrat hat, sollte man sie nutzen, um die wirklich wichtigen Dinge anzupacken." "Nach momentanem Stand würde es echt knapp werden", sagt der Ortsvorsitzende Laurenz Kuhmann über die Stimmung in der SPD Kirchehrenbach.
Sie könnten keine großen SPDInhalte erkennen, noch dazu erinnere man sich "mit Schrecken" an die letzte Große Koalition und ihre Folgen für die SPD, schildert Kuhmann die Argumente derer, die beim Mitgliederentscheid mit Nein stimmen würden. Womöglich schneide die SPD bei Neuwahlen noch schlechter ab, entgegneten laut Kuhmann die Befürworter. Ein erneuter Urnengang halte zudem noch weitere "Unwägbarkeiten" bereit, etwa einen möglichen Wieder- beziehungsweise Neueinzug von FDP und AfD ins Parlament.
"Nicht par ordre du Mufti"
"Es sieht sehr ambivalent aus bei uns im Ortsverein", zieht der SPDVorsitzende in Hausen, Gerd Zimmer, einen ähnlichen Zwischenstand wie Laurenz Kuhmann. Neben kategorischen Gegnern einer Großen Koalition und sehr Kompromissbereiten warteten die meisten Mitglieder noch ab. Zimmer betont: Der Entscheid sei eine "persönliche Geschichte, es wird nicht par ordre du Mufti abgestimmt". Ein Mindestlohn von 8,50 Euro ohne Einschränkung, gleicher Lohn für Leih- und Zeitarbeiter wie Festangestellte, eine finanziell bessere Ausstattung der Kommunen sowie ein stärkere Kontrolle der Finanzmärkte: Nur wenn dies erfüllt werde, stimme er für eine Große Koalition, sagt Zimmer. Wenn sich die SPD dagegen gerade im Bereich der Arbeitsmarktpolitik nicht durchsetze, sehe er - im wahrsten Sinne des Wortes - "schwarz".
Mehrheitlich eine große Skepsis hat Ernst Seckendorf, Chef der SPD Gräfenberg, ausgemacht. Hauptgrund sei die Furcht, die SPD könne sich als Koalitionspartner verschleißen. "Fortschritte werden in der Regel der Kanzlerin zugeschrieben." Für Seckendorf hätte dagegen eine Minderheitsregierung unter Merkel ihren Reiz, in der sie sich Mehrheiten suchen müsste, was zu einer sachorientierten Politik führen könnte. Kritik übten viele Gräfenberger am Prozedere: Man hätte lieber vor den Verhandlungen abstimmen lassen sollen, ob eine Große Koalition überhaupt gewünscht sei.
Originalbericht enthält Foto, das wir aus rechtlichen Gründen nicht hier einstellen dürfen
VON MANUEL KUGLER
Endspurt in Berlin: Noch diese Woche soll der Koalitionsvertrag stehen.
Dann sind die SPD-Mitglieder am Zug: Nur wenn sie zustimmen, wird die Große Koalition Realität. Eine Umfrage unter SPD-Ortsverbänden im Kreis Forchheim zeigt: Es wird eng.
FORCHHEIM - "Nach heutigem Stand", sagt Klaus Thormann, "zeichnet sich keine Mehrheit ab". 60 Prozent der Mitglieder im SPD-Ortsverein Forchheim seien gegen die Große Koalition. Allerdings sei das lediglich ein Stimmungsbild, es gebe viele Unentschlossene. Erst wenn der Koalitionsvertrag vorliege, lasse sich verlässlich ein Ergebnis vorhersagen. Die Befürworter einer Großen Koalition führten derzeit ins Feld, dass der Wähler die SPD bei Neuwahlen abstrafen würde. Die Gegner seien indes skeptisch, dass etwa der flächendeckende Mindestlohn von 8,50 Euro wirklich festgeschrieben werde.
"Ganz klar ist, dass so gut wie kein SPDler einen Koalitionsvertrag unterstützen wird, in dem kein gesetzlicher Mindestlohn steht", betont auch Joshua Bürzle, SPD-Ortsvorsitzender in Neunkirchen. Sollten dagegen Kompromisse zustande kommen, in denen die Handschrift der SPD klar erkennbar sei, "glaube ich nicht, dass sich unsere Mitglieder dem entgegenstellen". Nachdenklich stimmt Bürzle, dass die "wirklich wichtigen Aufgaben" - Europa, Staatsverschuldung, Unterfinanzierung von Bildung - in den Hintergrund gedrängt würden zugunsten von Themen wie der Mütterrente oder der doppelten Staatsbürgerschaft. "Wenn man eine so große Mehrheit im Parlament und im Bundesrat hat, sollte man sie nutzen, um die wirklich wichtigen Dinge anzupacken." "Nach momentanem Stand würde es echt knapp werden", sagt der Ortsvorsitzende Laurenz Kuhmann über die Stimmung in der SPD Kirchehrenbach.
Sie könnten keine großen SPDInhalte erkennen, noch dazu erinnere man sich "mit Schrecken" an die letzte Große Koalition und ihre Folgen für die SPD, schildert Kuhmann die Argumente derer, die beim Mitgliederentscheid mit Nein stimmen würden. Womöglich schneide die SPD bei Neuwahlen noch schlechter ab, entgegneten laut Kuhmann die Befürworter. Ein erneuter Urnengang halte zudem noch weitere "Unwägbarkeiten" bereit, etwa einen möglichen Wieder- beziehungsweise Neueinzug von FDP und AfD ins Parlament.
"Nicht par ordre du Mufti"
"Es sieht sehr ambivalent aus bei uns im Ortsverein", zieht der SPDVorsitzende in Hausen, Gerd Zimmer, einen ähnlichen Zwischenstand wie Laurenz Kuhmann. Neben kategorischen Gegnern einer Großen Koalition und sehr Kompromissbereiten warteten die meisten Mitglieder noch ab. Zimmer betont: Der Entscheid sei eine "persönliche Geschichte, es wird nicht par ordre du Mufti abgestimmt". Ein Mindestlohn von 8,50 Euro ohne Einschränkung, gleicher Lohn für Leih- und Zeitarbeiter wie Festangestellte, eine finanziell bessere Ausstattung der Kommunen sowie ein stärkere Kontrolle der Finanzmärkte: Nur wenn dies erfüllt werde, stimme er für eine Große Koalition, sagt Zimmer. Wenn sich die SPD dagegen gerade im Bereich der Arbeitsmarktpolitik nicht durchsetze, sehe er - im wahrsten Sinne des Wortes - "schwarz".
Mehrheitlich eine große Skepsis hat Ernst Seckendorf, Chef der SPD Gräfenberg, ausgemacht. Hauptgrund sei die Furcht, die SPD könne sich als Koalitionspartner verschleißen. "Fortschritte werden in der Regel der Kanzlerin zugeschrieben." Für Seckendorf hätte dagegen eine Minderheitsregierung unter Merkel ihren Reiz, in der sie sich Mehrheiten suchen müsste, was zu einer sachorientierten Politik führen könnte. Kritik übten viele Gräfenberger am Prozedere: Man hätte lieber vor den Verhandlungen abstimmen lassen sollen, ob eine Große Koalition überhaupt gewünscht sei.
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