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Das Erbe des einstigen Klosters bis heute gehütet

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Vor 700 Jahren wurde das Neunkirchener Chorherrenstift gegründet - Künstlerische und materielle Werte überdauerten Geschichte


VON HEINZ GÖPFERT
Klöster stehen in enger Beziehung zur Ewigkeit. Das gilt nicht nur für die religiöse Beschäftigung der Ordensleute, sondern häufig auch für die kulturellen, sozialen und wirtschaftlichen Hinterlassenschaften. Die Klosterepoche in Neunkirchen liegt nun schon fast ein halbes Jahrtausend zurück, sie ist aber durch Bau- und Kunstwerke sowie durch Grundstücks-Erbmasse noch immer allgegenwärtig. Am 8. Januar 2014 kann der 700. Gründungstag des ehemaligen Augustiner-Chorherrenstiftes begangen werden.
NEUNKIRCHEN - Im Chorherrenstift Neunkirchen lebten keine Mönche, die der Welt entsagten, sondern Priester, die in einem Gebiet mit ursprünglich 22 Dörfern und Höfen (und später teils mehr) als Seelsorger wirkten. Zudem leisteten sie Schuldienst, widmeten sich der Krankenpflege, betrieben eine Schreibstube und warben nach 1400 für klösterliche Reformen, die den Verzicht auf Privateigentum beinhalteten. All dies erfolgte in einer klösterlichen Gemeinschaft. Ein Lehrer wird 1450 erwähnt, ein Doktor der Medizin wirkte vor 1491.
Mehrere Abhandlungen, die zwischen 1814 und 2005 entstanden und die auf alten Quellen fußen, ermöglichen ein facettenreiches Bild vom Klosterbetrieb. Hier einige Streiflichter.
1314: In Neunkirchen wirkte zu dieser Zeit Pfarrer Leupold, der auch verantwortlicher Lehrer am Bamberger Kollegiatsstift St. Gangolf war und damit gute Kontakte zu Bischof Wulfing von Stubenberg hatte. Leupold gewann den Oberhirten für die Idee, ein Chorherrenstift zu gründen. Es sollte gewährleisten, dass das große Pfarrgebiet um Neunkirchen mit acht Filialkirchen seelsorgerisch, schulisch und heilkundlich intensiver betreut werden konnte. Bewilligt wurden zunächst acht Priester und sechs Scholaren. Als Klostervorsteher (Propst) holte der Ortsgeistliche den Priester Friedrich aus dem Kloster Mang in Regensburg.
1328/34: Leupold, der mit im Chorherrenstift lebte, verstarb 1328 und sechs Jahre darauf auch Propst Friedrich. Nächster Klostervorsteher wurde (bis 1360) Hermann I. aus dem Uttenreuther Adelsgeschlecht der Strobel. Hermanns Wahl war nicht ungünstig, denn die Strobel, auch noch in Marloffstein ansässig, zählten neben den Familien Gotzmann von Büg (Eckental), Gottfried von Brauneck­ Hohenlohe (Gründlach) und weiteren Landadeligen zu den Gönnern des Chorherrenstifts.

Eine lange Spendenliste
Der Unterhalt des Klosters wurde aus unterschiedlichen Quellen bestritten. Adelige, aber auch betuchte Bürger und bäuerliche Familien bestellten Messen fürs Seelenheil und spendeten dafür Geld, Wiesen, Äcker oder gar Hofbesitz. Natürlich gab es auch Schenkungen aus Wohlwollen und Frömmigkeit.
Für einen finanziellen Grundstock hatten schon Pfarrer Leupold aus Eigenmitteln und der Bischof gesorgt. Letzterer trat ihm zustehende Abgaben von Dorfbewohnern an das Kloster ab und räumte den Chorherren Holzschlagrechte im Erlanger Meilwald ein. Später bewilligten auch die Nürnberger Burggrafen kostenlose Holzbeschaffung im Reichswald. Franz Wenceslaus Goldwitzer listete in seiner Neunkirchen-Chronik (1814) Dutzende Zuwendungen an das Stift auf.
1368: Die verbesserte Einnahmesituation, die noch jahrzehntelang anhielt, ermöglichte umfangreiche Baumaßnahmen. Die ersten Chorherren und Scholaren hatten sich räumlich bescheiden müssen, weil die Pfarrei im Schnelldurchgang in ein geistliches Stift umgewandelt worden war. Nun, 1368, konnte der architektonisch begabte Chorherr Konrad von Ortshofen den Kreuzgang errichten (um 1850 abgebrochen).

Ein Bauboom um 1400
Noch vor 1400 entstanden weitere Klostergebäude wie der heute noch erhaltene Kapitelbau mit Augustinuskapelle und Skriptorium. Des weiteren wurden ein Amtsgebäude für den Propst (am Standort des späteren barocken "Elisabethenheims") errichtet und dahinter am Mühlweg ein Dormitorium mit Wohn- und Schlafzellen für die Chorherren.
Die Kirche existierte nach Feststellungen von Archäologen schon Mitte des 12. Jahrhunderts; die Chorherren erweiterten um 1400 das alte Kirchenschiff und fügten an der Nordseite ein Seitenschiff und eine Kapelle an. Auch der Turm wurde erhöht. Als besonderen Luxus gönnte man sich zudem in Nürnberg den Bau des Neunkirchener Hofs, laut Goldwitzer ein vierstöckiges Gebäude mit 18 Zimmern, Kapelle und tapetenbedecktem Saal.
1391 erlebte die Neunkirchener Schreibstube und Klosterbibliothek, die schon ab 1357 dank Spenden ihren Buchbestand vermehrt hatte, zusätzlich Auftrieb: Das Bamberger Kloster St. Michael stellte den Augustiner-Chorherren Bücher zum Kopieren und Ausbessern zur Verfügung. Schon damals hatten die Neunkirchener Brüder einen hervorragenden Buchgestalter, der seine Arbeiten mit Alexis de Eckolsheim signierte und 1389/90 eine dreibändige Prachtbibel mit 50 bebilderten Initialen schuf.

In alle Winde zerstreut
Zu weiteren Kostbarkeiten aus der Chorherren-Schreibstube zählt der "Münchner Codex". Er beschreibt das Wirken der Bamberger Bistumsheiligen. Der Historiker Horst Miekisch (Bamberg) befasst sich seit Jahrzehnten mit der Geschichte des Chorherrenstifts und hat darüber eine Dissertation verfasst. Er schätzt, dass die Klosterbibliothek einige hundert Handschriften und gedruckte Bücher besaß, von denen nur noch von wenigen der Verbleib (Bamberg, München, Augsburg, Dresden) bekannt ist.
1406 trafen die Chorherren einen Entschluss, der sie landesweit ins Rampenlicht rückte. Sie beschlossen neue Statuten, die ein Armutsgelöbnis beinhalteten. Nach den Lehren des heiligen Augustinus und dem Vorbild der Apostel sei ein Gemeinschaftsleben nur bei Verzicht auf Privateigentum zu verwirklichen. Diese Reformbewegung war allerdings vom Kloster Raudnitz in Böhmen ausgegangen, und der Bamberger Bischof Lamprecht hatte sie schon früher zur Übernahme empfohlen. Es ist allerdings das Verdienst der Neunkirchener Chorherren, dass sie die Ideen in Süddeutschland weiterverbreiteten. Die Nürnberger Burggrafen Johann III. und Friedrich VI. zeigten sich davon so beeindruckt, dass sie 1409 in Langenzenn einen Chorherrenstift-Ableger gründeten (1533 im Zuge der Reformation aufgelöst).
1434: Die Hussitenkriege, die seit 1419 getobt hatten, brachten am Ende das Bistum und Kloster wegen hoher Zwangsabgaben in wirtschaftliche Schwierigkeiten. Propst Erhard Lutz (1435-1444) war überfordert, hatte Rechtsstreitigkeiten um Besitztum am Hals und bei 100 Personen Schulden. Der Bischof setzte ihn und weitere Amtsträger des Klosters ab.

Krise überwunden
Der nächste Klostervorsteher, Jakob Tammendorfer, konnte die Finanzkrise überwinden. Schlimmer in jener Epoche war ohnehin die Pest, die 1438 sieben Chorherren und eine unbekannte Zahl an Untertanen dahinraffte.
1457 war ein ungewöhnliches Ereignis im Männerkloster zu verzeichnen: Mit Anna Tammendorfer, vermutlich eine Schwester des Propstes Jakob, wurde eine Frau ins Chorherrenstift aufgenommen. Sie durfte sich eine eigene Zelle im Klosterbereich errichten und nach den Regeln der Augustiner leben, wie Horst Miekisch ermittelte.
1525: Die Reformation, für die sich Nürnberg in diesem Jahr entschied, läutete den Niedergang des Neunkirchener Stifts ein. Die Reichsstadt wurde zum Gegner und viele Förderer fielen weg. Hinzu kamen die Folgen des Bauernaufstands.
Mehrere Heimatforscher, darunter Wilhelm Held, berichten, dass Bauern aus Dormitz, Uttenreuth und Rosenbach, von der Obrigkeit ausgepresst, am landesweiten Aufstand teilnahmen. Sie brannten den Vogteisitz Schloss Schellenberg nieder, zerstörten klösterliche Höfe in Erleinhof, Ebersbach und Baad und versammelten sich in drohender Haltung vor dem Kloster. Der Rat des Marktes unterstützte die Forderungen der Bauern nach geringeren Abgaben.
Nach der Niederschlagung des Aufstands mussten die Untertanen der Hofmark Neunkirchen sich dem Landesherrn erneut unterwerfen. In einer historischen Studie über die Folgen des Deutschen Bauernkriegs im Hochstift Bamberg (2011) listet Johann Hasselbeck 45 Hinrichtungen im Fürstbistum auf, darunter zwölf durch die Heeresführung und 33 auf Betreiben von Bischof Weigand von Redwitz. Eine davon fand in Forchheim statt.
Für die Bewohner der Hofmark Neunkirchen, so glauben die meisten Heimatforscher, sei das Strafgericht glimpflicher ausgegangen. Die oft überzogenen Schadensersatz-Forderungen und die Fortdauer der Fron waren schlimm genug. In der Goldwitzer- Chronik wird lamentiert, dass auch die "Burgen" auf dem Lindelberg und auf dem Hetzles ("Breitenstein") zerstört worden seien. Heute gilt als relativ gesichert, dass es diese Burgen überhaupt nicht gab, sondern dort lediglich Ringwälle existieren.

Nur zwei hielten die Stellung
1555: Mit dem Tod des letzten Propstes Augustin Kripsus Kraus erstarb auch das Klosterleben. Hatte es 1515 noch 15 Chorherren gegeben, so sank deren Zahl 1526 auf zwölf, 1535 auf neun und 1546 auf fünf. Zuletzt verrichteten nur noch der Propst und ein Chorherr den Dienst im Stift. Zuvor hatte es heftige Auseinandersetzungen zwischen einer lutherfreundlichen und einer weiterhin katholisch orientierten Partei im Konvent gegeben.
Der Klosterbesitz blieb nach dem Abgang der Chorherren beim Bistum und wurde von Administratoren verwaltet.
Heute profitieren sowohl eine Erzbischöfliche Seminarstiftung als auch eine örtliche Kirchenstiftung vom verbliebenen Bestand an Grundstücken und Gebäuden. Dieses Finanzpolster kommt kirchlichen Sozialeinrichtungen zugute und erleichterte zudem die Finanzierung der 1994 abgeschlossenen 2,8 Millionen Euro teuren Kirchen- und Klosterrenovierung.

Originalbericht enthält Fotos, die wir aus rechtlichen Gründen nicht hier einstellen dürfen

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