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Angst und Armut in Ägypten

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Kirche Für die Vorbereitung zum Weltgebetstag reiste eine Frauengruppe um das Gräfenberger Komitee-Mitglied Katharina Wittenberg an den Nil. Heute berichtet sie davon in Ermreuth. Die Christenverfolgung ist in Ägypten traurige Tatsache.
VON UNSERER MITARBEITERIN Petra Malbrich

Ermreuth/Kairo - Arabellion, nicht Revolution, nennen die Menschen in Ägypten die Umstürze, die einen Hass auf alles Westliche - und wohl auch auf alles Christliche - nach sich ziehen, diesen schüren. Was dort jahrhundertelang gut zusammenlebte, bekämpft sich nun.

Auf der anderen Seite hat die Situation auch einige Menschen zusammengebracht: die Frauen im Land - teils mit verheerenden Folgen für einige der Mutigen. Die aufgeladene Stimmung wurde den 20 Frauen, die mit Katharina Wittenberg nach Ägypten fuhren, um sich dort mit dem Komitee des Weltgebetstags zu treffen, bald vor Augen geführt.

Von Polizei eskortiert
Bei der Fahrt im Bus durch Kairo haben die Frauen die Brisanz der Situation gespürt. "Ein Polizeiauto fuhr vor dem Bus, eines dahinter, und im Bus waren zwei Sicherheitspolizisten, schwer bewaffnet", erzählt Katharina Wittenberg. Den Frauen aus Europa hätte man sofort angesehen, dass sie fremd sind.

Die Gräfenbergerin arbeitet als Multiplikatorin für die Organisation in Stein bei Nürnberg, um den Weltgebetstag zu organisieren. Zum Weltgebetstag werden Länder ausgesucht, in denen Christen in Schwierigkeiten leben. Ägypten richtet heuer den Frauenweltgebetstag aus, weshalb Katharina Wittenberg sich mit den anderen Frauen ein Bild vor Ort machte.

Heute Vortrag in Ermreuth
Bis März reist die engagierte Christin hier vom Bayerischen Wald bis in die Alpen, um über die harte Lebenswirklichkeit der Christen in Ägypten zu referieren. Am heutigen Dienstag (19.30 Uhr) erzählt sie im evangelischen Gemeindehaus in Ermreuth davon.

"Am Tahrir-Platz durften wir nicht aussteigen. Auf den Wänden waren die Gesichter der Menschen gemalt, die bei den Demonstrationen umkamen. Solche Bilder sind im Islam nicht erlaubt", erklärt Wittenberg. Als der Bus dann hielt, entdeckte Wittenberg viele Motive, die sie mit ihrer Kamera festhalten wollte. Aber von den Sicherheitsbeamten wurde sie davon abgehalten. Sie solle schnell aufschließen.

Um die Sicherheit während ihrer Fahrt kümmerte sich das Tourismusministerium, denn die Regierung möchte nicht, dass den Ausländern etwas passiert. Immerhin hängen 40 Prozent der Einkommen dort vom Tourismus ab. Doch mit der großen Angst, die die Frauen ein wenig selbst zu spüren bekamen, leben die Christen dort ständig. "Wenn erkannt wird, dass jemand etwas Christliches tut, an oder in der Kirche arbeitet, wie beispielsweise die Kirche schmückt, kann denen der Hut hochgehen. Den Christen wird nachgestellt, die Kirchen werden niedergebrannt oder die Menschen geköpft", rezitiert Wittenberg die Erzählungen der ägyptischen Frauen der dortigen Weltgebetstagsorganisation. Mit "denen" meint sie vor allem die radikalen Salafisten, denen so mancher Christ in die Hände fällt. Diese Radikalen glauben, der Westen wolle alle überrennen. "Die Christen leben unter Angst und haben uns gebeten: Bittet für uns", erzählt die Gräfenbergerin.

Vorhängeschloss an der Kirche
Von außen ist dort keine Kirche zu erkennen. Die Kirchen sehen nicht wie Kirchen aus. "Wir sind dann in eine Kirche hineingegangen. Das lief es mir zugleich heiß und kalt den Rücken hinunter. Mit einem dicken Vorhängeschloss und einem zusätzlichen Riegel, mit einem Hammer fest zugeschlagen, war die Kirche gesichert, damit niemand reinkommt. Die haben Angst, zeigte das deutlich", so Wittenberg.

Ohnehin sind bereits viele Christen ausgewandert, genauer gesagt, geflohen, in umliegende Gegenden. Doch auch die Syrer fliehen bis an die Grenze Ägyptens. Aber in Kairo gibt es einen ganzen Stadtteil, in dem die Christen leben - von Müll. "Ich habe in Chile auch große Armut gesehen, aber ein ganzer Stadtteil…", sagt Wittenberg, noch immer schockiert.

Die Firma Procter & Gamble kauft den Müll auf. Wagenweise kommt dann dieser Unrat in den Stadtteil. Für einen Hungerlohn von umgerechnet etwa zwei Euro entfernen die Christen den Müll, finden teils auch etwas Essbares. "Diese Christen lässt man in Ruhe, da sie den Müll auf sich häufen", erzählt Wittenberg.

Aber auch so herrscht unvorstellbare Armut. Auf den Touristenplätzen stehen Kinder und Männer und verkaufen verschiedene Dinge, die sie hergestellt haben. Von Kindern hat Katharina Wittenberg kleine Püppchen gekauft, die Trachten tragen. Aber auch Postkarten, Bilder von Tempeln auf Papyrusrollen, koptische Kreuze oder Ketten, aus Kamelknochen hergestellt, bieten die Menschen an.

"Denen ist alles egal"
Dennoch war die Frauengruppe aus Deutschland sehr zurückhaltend, versuchte, nicht zu nahe zu treten. Eine Frau sollte in Ägypten ohnehin nie alleine in die Öffentlichkeit gehen. Denn die Männer können unangenehm, richtig aggressiv werden - vor Hunger und Verzweiflung. Nicht selten haben sie vier, fünf Kinder zu ernähren, von nicht mal einem Euro pro Tag. "Denen ist alles egal. Sie sind nicht nur bereit zu stehlen, sie sind bereit, jemanden umzubringen", erzählt die Gräfenbergerin von der bitteren Armut und deren Folgen.

Zu Hause würden die Frauen derweil Steine in einen mit Wasser gefüllten Topf auf den Herd stellen. Durch das gleichmäßige Klappern und Blubbern würden die Kinder dann beruhigt und schliefen ein.

In die Wüstengebiete kam die Organisationsgruppe aus Deutschland nicht. "Dem Schlimmen im Lande sind wir ausgewichen", sagt Wittenberg, denn sie sind auf dem Nil von Luxor nach Assuan gefahren. Dort gibt es eine koptisch-katholische Schule, in der Moslems und Christen gut miteinander auskommen.

Auch muslimische und christliche Frauen haben sich zu Beginn der Revolution gemeinsam zum Tahrir-Platz aufgemacht, teils kamen die Frauen aus dem Ausland zurück, um die Frauen in Ägypten dabei zu unterstützen. Die Männer wetterten, sie gehörten nicht auf den Tahrir- Platz, sondern nach Hause zu den Kindern. Manche Frauen würden dort sexuell misshandelt. Nicht nur für Christen, besonders auch für die muslimischen Frauen ist das neben der körperlichen Pein eine unglaubliche Demütigung.

Ein Gefühl der Ohnmacht macht sich bei Wittenberg breit. "Die Frauen dort haben eine riesengroße Hoffnung, dass sich etwas ändert, wenn die Welt für sie betet", sagt Wittenberg.







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