Quantcast
Channel: Neunkirchen am Brand - Pressemeldungen
Viewing all articles
Browse latest Browse all 4484

Die Hetzleser Tracht soll nicht in Vergessenheit geraten

$
0
0
Die Gruppe "Brauchtumspflege" hat die Ehrenmedaille der Gemeinde erhalten - Kein eingetragener Verein - Pflege des Traditionellen

Verhindern, dass die Hetzleser Tracht in Vergessenheit gerät, möchte die Gruppe "Brauchtumspflege". Die Gemeinde würdigte diesen Einsatz mit dem Verleihen der Ehrenmedaille, die Bürgermeister Franz Schmidtlein bei einem Empfang im Feuerwehrhaus überreichte.
HETZLES - Die Vereinigung ist kein eingetragener Verein und lose gruppiert, wie Theresia Regenfus betont: "Bei uns sind alle gleichberechtigt. Eine Vorsitzende oder einen Vorsitzenden haben wir nicht." Nicht zu denken wäre die Gruppe freilich ohne eine Frau, die sich große Verdienste um das Brauchtum in Hetzles erworben hat: Grete Braun. Die inzwischen verstorbene Frau des damaligen Bürgermeisters Bruno Braun gründete Ende der 1990er Jahre die "Brauchtumspflege".
Getragen wird die Hetzleser Tracht in erster Linie bei der Fronleichnamsprozession. Um keine Konkurrenz zu den Prozessionen in Neunkirchen am Brand und Effeltrich zu bilden, ziehen die Gläubigen in Hetzles am Sonntag nach Fronleichnam mit vier Altären von der Laurentiuskirche zur Kohlenplatte und durch die Hintere Dorfstraße zurück zur Kirche.

Schwarz dominiert
Behutsam gepflegt wird die Brauttracht von 1874. Vor allem auf Mottenbefall ist zu achten. Auch Verunreinigungen sind bei den wertvollen Gewändern nur schwer zu beseitigen, so dass ein sorgsamer Umgang ratsam ist.
Theresia Regenfus, welche die Hetzleser nur "Terres" rufen, hat in der Vergangenheit zahlreiche Trachten genäht. Wie viel Zeit sie für ein Exemplar braucht, kann sie beim besten Willen nicht schätzen, aber am Gesichtsausdruck ist abzulesen, dass es sehr sehr lange dauert.
Schon das Anziehen der Tracht beansprucht eine Stunde und funktioniert nur, wenn sich die Frauen gegenseitig helfen. Doch der Aufwand lohnt sich. Bei Festen, an denen die "Brauchtumspflege" teilnimmt, ist die traditionelle Kleidung ein echter Hingucker für die Zaungäste.
Der dominierende Ton der Brauttracht ist Schwarz. Von der Tracht in Effeltrich weicht sie in einem Punkt ab: Bei der Hetzleser Variante geht der Saum nicht komplett um die Bänderschürze. Theresia Regenfus: "Warum dies so ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Manche vermuten, dies sei eine Sparmaßnahme gewesen. Andere sind der Ansicht, dass sich die Hetzleserinnen einfach ein wenig von den Frauen in unserer Nachbargemeinde unterscheiden wollten." Die Tracht, die bei der Fronleichnamsprozession getragen wird, entspricht in der Ausstattung ganz dem Barockheiligen, den die Mädchen durch das Dorf tragen. Sie harmonieren mit dem Rot und Violett der Kirchenfahnen und ergänzen diese durch feine Blau- und Grüntöne. Einen Kontrast zu den schwerfallenden Röcken stellen die sogenannten Schobben dar, die Schulter und Arme abdecken und mit Zierborden und Samt ausstaffiert sind.
Tücher spielen ein wesentliches Element bei der Tracht. Ihre Namen entspringen dem fränkischen Dialekt und beschreiben die jeweilige Funktion. So gibt es das Nasteck- und das Ninderbinder-Tüchla zum Hineinstecken beziehungsweise Hinterbinden.
Das Trauertuch ist weiß, bestickt und ohne Spitzen. Bei den Tüchern der jungen Mädchen und der verheirateten Frauen für den Sonntagsgottesdienst werden die Spitzen abgedeckt. Sie sind bedruckt und können rot, schwarz oder bunt sein.
Ein wahres Schmuckstück bilden die Brautkronen. Auf ihnen blitzen insgesamt 3000 kleine Sonnen wie goldene Taler. Hinzu kommen zahlreiche farbige Schmucksteine. Für die Kronen hat Gregor Forster aus Neunkirchen Einzelteile zur Verfügung gestellt.
Auch die Kreuze der Halskette sind reich verziert. Der Schnürleib oder "Brusterfleck" sowie ein Rosmarinzweig runden die Tracht ab. Rita Schütz und ihre Helferinnen achten darauf, dass sich gemäß den historischen Vorgaben ein stimmiger Gesamteindruck ergibt.

Röcke wurden kürzer
1920 wandelte sich die Hetzleser Tracht. Die Röcke wurden kürzer, der Kittel erhielt eine neue Form, die Taille verschob sich nach unten.
Fränkische Tänze führt die Kindertanzgruppe um Maria Pöhlmann und Katja Brucker auf. Christian Mehl sorgt an der "Quetschn" für die musikalische Begleitung. Die "Brauchtumspflege" trifft sich im Winter nach dem Dreikönigstag auch zum Singen alter Wirtshaus-Moritaten und Schlager aus den 1950er Jahren. Rudi Schmidtlein spielt dazu Akkordeon. In der Fastenzeit werden die Lieder ernster.
Theresia Regenfus sammelt zudem Dialekt-Ausdrücke und bewahrt sie vor dem Aussterben, indem sie beim ostfränkischen Wörterbuch mitarbeitet. Da gab es zum Beispiel einst das "Kaffanela", ein abgetrennter Bereich in der Stube für Bauer und Bäuerin. Die "Eabien" sind in Hetzles keineswegs die Erdbeeren, sondern die Kartoffeln.
Und was spannen die Einwohner auf, sobald es zu tröpfeln beginnt? Nein, keinen Regenschirm, sondern einen fränkischen "Barasol". SCOTT JOHNSTON

Viewing all articles
Browse latest Browse all 4484