Aufklärung Die Landfrauen aus dem Kreis Forchheim haben es sich auf die Fahnen geschrieben, die Kommunalpolitiker für die Probleme und Herausforderungen in der Landwirtschaft zu sensibilisieren. 17 Bürgermeister und Landrat Ulm hörten zu.
VON UNSEREM MITARBEITER Franz Galster
Wohlmuthshüll - Den Landfrauen Forchheimer Kreisverbands im Bayerischen Bauernverband ist es ein besonderes Anliegen, Verständnis bei den Bürgermeistern für die Belange der Landwirte zu wecken. Das geht aber nur durch Information.
Deshalb haben sie auch vor zwei Jahren die jährliche Aktion „BBV-Landfrauen bitten zu Tisch“ ins Leben gerufen. In diesem Jahr wählten sie das Thema „Mit den Landfrauen im Kornfeld“; im Mittelpunkt des Interesses standen das Getreide und seine Vielfalt.
Seltene Sorten
Kreisbäuerin Rosi Kraus freut sich darüber, dass sich 17 Bürgermeister angemeldet hatten. An deren Spitze begrüßte sie Landrat Hermann Ulm (CSU) sowie den BBV-Präsidenten von Oberfranken, Hermann Greif.
Auch Bürgermeister wie Heinz Richter (FW) aus Neunkirchen oder Torsten Gunselmann (FWG) aus Hallerndorf hatten den langen Weg auf die Jurahochfläche bei Wohlmutshüll, einem Ortsteil der Stadt Ebermannstadt, nicht gescheut. Die Landfrauen hatten, unterstützt vom Grundstücksbesitzer und stellvertretenden BBV-Kreisobmann Reinhard Friedrich, am teilweise abgeernteten Getreidefeld eine gemütliche Ecke zum Verweilen vorbereitet.
Zunächst war es aber an Landrat Ulm, die Körner von neun verschiedenen Getreidesorten zu identifizieren. Aus einer Familie mit tiefer landwirtschaftlicher Tradition kommend, nahm er diese Hürde mühelos; seltene Sorten wie Dinkel oder Emmer machten die Aufgabe allerdings alles andere als einfach. Natürlich servierten die Landfrauen lokale Produkte. Kuchen aus Dinkel, Fränkische Küchla von Agnes Friedrich aus Weizenmehl oder Brot aus reinem Emmer und ein Emmer-Rad aus dem Backofen der ehemaligen stellvertretenden Kreisbäuerin Gerda Polster deuten die Vielfalt von Getreide in der Nahrungskette an. Heidi Krämer aus Gräfenberg organisierte ein echtes Emmerbier.
Wie vor 40 Jahren
Rosi Kraus ging in ihrer Begrüßung auf die schwierige Situation der Landwirte ein. Betriebe hörten auf, Dörfer stürben aus. Oberfranken stelle das größte Anbaugebiet für Braugerste in Bayern. Die Preise für Getreide lägen heute auf dem Niveau von vor 40 Jahren.
Beispielhaft stellte bei dieser Gelegenheit Reinhard Friedrich seinen 140 Hektar großen Hof vor. 75 Prozent der Fläche dienten der Nahrungsproduktion, 25 Prozent der Energiegewinnung. Als Pilotprojekt im Landkreis Forchheim startete er mit der Wintersaat im Herbst 2014 eine Feldbestellung mit Emmer. Dinkel steht gleich im Feld nebenan.
Die Ernte folgt im August. Emmer als Getreidesorte geriet in den zurückliegenden 50 Jahre ins Hintertreffen und wurde, im Gegensatz zu anderen Getreidesorten, nicht weiter veredelt. Nach einem Tipp aus Südbayern wagt Friedrich jetzt diesen Anbauversuch.
Emmer zeichnet sich dadurch aus, dass es für schlechtere Bonitäten geeignet ist und sich auf nicht so ertragreichen Boden wie in der Fränkischen Schweiz etablieren kann. Bei Weizenallergie kann es auch als Ausweichprodukt eingesetzt werden.
500 aktive Betriebe
Hermann Greif ging mit einigen Zahlen auf die hiesige Landwirtschaft ein. 26 000 Hektar Acker, Grünland und Wald sorgen seinen Angaben zufolge in Oberfranken für Nahrung und Energie.
20 Prozent der Fläche entfallen auf Weizen, 20 Prozent auf Gerste, 20 Prozent auf Mais. Im Kreis Forchheim gebe es noch 85 Prozent Nebenerwerbslandwirtschaft, eine der höchsten Quoten in Bayern. Hintergrund sei die nahe Metropolregion und ihre Verdienstmöglichkeiten. Nördlich davon sehe es schon ganz anders aus.
500 aktive Betriebe und fast genauso viele nichtaktive zählt der BBV im Landkreis. Die Konzentration schreite voran. Bürokratische Hemmnisse und die schlechte Preisentwicklung förderten diese Entwicklung. Ein schlagkräftiger Mähdrescher, auf dem Feld nebenan im Einsatz, demonstrierte unabsichtlich diesen fortschreitenden Prozess.
Greif warb bei den Bürgermeistern um Verständnis für die Bauern und geißelte die Problematik der Ausgleichsflächen. Wo fruchtbares Ackerland durch Flächenfraß entzogen werde, schafften Ausgleichsflächen zusätzliche Landverluste für die Produktion.
Im Außenbereich
„Wir leben auf dem Land. Probleme der Städte sollten nicht auf das Land projiziert werden“, so sein Appell. Greif bat um Verständnis und Unterstützung bei den Bürgermeistern, wenn einmal ein Stall im Außenbereich gebaut wird.
„Fragt bei euren Entscheidungen öfter mal bei uns nach, entscheidet nicht über unsere Köpfe hinweg“, bat Kreisbäuerin Rosi Kraus die Bürgermeister.
Unter den Augen von Kreisbäuerin Rosi Kraus ordnet Landrat Ulm Getreidesorten zu. Foto: Franz Galster