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Wenn die Lampe versagt, ist es vorbei

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Höhlen

Für Höhlenforscher wie Michael Conrad und Fritz Schulze-Zachau ist es selbstverständlich: Wer sich in eine wilde Höhle hineinwagt, sollte gut ausgerüstet sein. Wir haben beide in der Fränkischen Schweiz begleitet – drangen ein in die Schönsteinhöhle und staunten in der Zoolithenhöhle.
VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED
Matthias Litzlfelder

Wiesenttal - Kein Laut, kein Geräusch, nichts. Gelegentlich ein sanftes „Klack“, wenn ein Tropfen Kalkwasser seinen Weg von der Karstdecke nach unten beendet hat. „Man ist richtig weg“, beschreibt Michael Conrad das Gefühl, das sich bei ihm und seinen Begleitern bei einer Temperatur von neun Grad und einer Luftfeuchtigkeit von 90 Prozent soeben einstellt.

Handy-Lärm gibt es an diesem Ort nicht. Und wenn die intensiven Lampen an den Schutzhelmen nicht wären, würde absolute Finsternis zurückkehren. Doch im Schein der Lichter tauchen gigantische Sintergebilde auf, geht es vorbei an den größten Kerzenstalagmiten der Fränkischen Schweiz.

Eine Pracht, die nur wenige Menschen bestaunen können. Wir sind unterwegs in der Zoolithenhöhle. Hinein kommen da nur Höhlenforscher. Michael Conrad ist einer. Der 51-Jährige aus Neunkirchen am Brand (Landkreis Forchheim) bewegt sich auf den Spuren seines Vaters. Auch dieser besaß eine besondere Leidenschaft für Höhlen. Rund 3000 gibt es in der Fränkischen Alb, die sich von Bad Staffelstein bis ins Nördlinger Ries zieht. Die Zoolithenhöhle ist jedoch etwas Besonderes. Conrad spricht vom „heiligen Gral für die Zoologen“. Im 18. Jahrhundert wurde hier erstmals die Gattung des Höhlenbären (Ursus Spelaeus) anhand von Knochenfunden bestimmt. Museen weltweit besitzen seither Knochen aus der Zoolithenhöhle, Überreste einer während der letzten Eiszeit in Europa lebenden Tierart, die größer war als heutige Bären. Michael Conrad zeigt auf eine Stelle in der Wand. Knochenstücke stecken im Gestein, nicht nur hier. Ein paar Schritte weiter liegt sogar ein ganzer Bären-Oberkiefer, von Kalk überzogen.

Universitäten forschen hier
Seit 1972 ist die Zoolithenhöhle vom Verein „Forschungsgruppe Höhle und Karst Franken“ gepachtet. Aktuell sind hier Gelehrte der Universitäten Bochum und Hamburg sowie der TU Würzburg aktiv. Aber auch Vereinsmitglieder und Hobby-Forscher wie Conrad (er arbeitet als Druckermeister) oder sein heutiger Begleiter, der 69-jährige ehemalige Steuerberater Fritz Schulze-Zachau aus Wendelstein bei Nürnberg, engagieren sich in der Höhle. Im Eingangsbereich haben sie die Decken mit Folien verhängt. „Wir sammeln hier kalkhaltiges Wasser, um damit Wände abzuspritzen und den ursprünglichen Zustand der Höhle wieder herzustellen“, erklärt Conrad. Entfernen wollen die fränkischen Höhlenforscher menschliche Griffspuren und Rußablagerungen von früheren Fackeln und Öllampen. Ein ziemlich großer Aufwand, aber der Erhalt der Höhle für die Nachwelt ist für die Forscher zur Leidenschaft geworden.

Seit seinem 15. Lebensjahr ist Fritz Schulze-Zachau in Höhlen unterwegs. Im September wird er 70 Jahre alt, was ihn nicht davon abhält, nahezu wöchentlich mit Kollegen der Forschungsgruppe in finstere, aber faszinierende Karstgebilde abzutauchen.

Heute ist bei ihm neben der Zoolithenhöhle seit längerem wieder die Schönsteinhöhle dran. Der Weg dorthin, mitten im Wald, ist nicht groß ausgeschildert. Nur eine kleine Tafel gibt einen Hinweis, allerdings mit deutlicher Warnung: „Begehung nur mit erfahrenen Begleitern und entsprechender Ausrüstung“. „Wir sprechen eigentlich von einer ,Befahrung‘, wenn wir in Höhlen gehen. Ein Überbleibsel aus der Bergmannssprache“, erklärt Conrad. Wichtig sei bei jeder Höhle, zu wissen, wie weit man gehen könne.

Nach wenigen Minuten liegt der Höhleneingang vor uns. Ein Spalt im Felsen, ungefähr 1,80 Meter über dem Boden. Wir klettern hinein. Viele machen das in den Sommermonaten. Die ersten Meter sind mit den 1000 Lumen leuchtstarken Lampen am Helm kein Problem. Doch dann wird es eng und enger. Ein ausgiebiger Blick auf die unzähligen kleinen, stäbchenförmigen Tropfsteine an der Decke, Makkaroni genannt, dann schlägt Michael Conrad vor, doch einfach mal die Helmlichter auszuschalten.

Plötzlich gibt es kein vorne und hinten, kein unten oder oben mehr. Wer die Höhle zum ersten Mal betreten hat, ist chancenlos, hier wieder nach draußen zu finden. Aber war da nicht vorhin die andere Gruppe, die auch in der Höhle unterwegs ist? „Schreie bringen gar nichts. Zwei Ecken weiter hörst du nichts mehr“, sagt Conrad. Wenn überhaupt, dann hülfen Klopfgeräusche.

„Licht ist hier drinnen überlebenswichtig“, mahnt der Höhlenexperte. Ein Klick an der Helmlampe, die totale Finsternis verschwindet – der Weg nach draußen ist nicht mehr aussichtslos.


Schönsteinhöhle. In den Sommermonaten (Mai – September) ist die Höhle für jedermann frei begehbar. Allerdings sollte man nie ohne fachkundige Führung hinein. Immer wieder kam es in der Vergangenheit zu Rettungsaktionen. Kontaktadressen gibt es über die Tourismuszentrale Fränkische Schweiz (www.fraenkische-schweiz.com).


Zoolithenhöhle. In der Zoolithenhöhle gibt es keine Führungen. Sie ist ganzjährig verschlossen und den Forschern vorbehalten.Wer sich näher für die Forschung interessiert,wendet sich an den Verein „Forschungsgruppe Höhle und Karst Franken“ (www.fhkf.de), zu dessen rund 40 aktiven Mitgliedern auch Conrad und Schulze-Zachau gehören.











Wieder Tageslicht: Ein schmaler Spalt führt in der Schönsteinhöhle nach draußen - der einzige Weg. Der Höhleneingang liegt rund 1,80 Meter über dem Boden.


Vier Tropfsteine halten in der Zoolithenhöhle eine gigantische Sinterwand. Entdeckt wurde diese Stelle erst im Februar 1971.


Eng geht es zu, je weiter der Besucher in die Schönsteinhöhle eindringt. Der fast 70-jährige Höhlenforscher Fritz Schulze-Zachau ist solche Stellen gewohnt.



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