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Gesamtausgabe: Auf und Ab rund um Forchheim

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Die Stadt entwickelt sich gut, der Landkreis zeigt sich geteilt
Wer hätte das gedacht: In letzter Zeit wird die 30 000-Einwohner-Stadt Forchheim seltener mit dem bekannten Spruch vom "Tod aus Forchheim" in Verbindung gebracht, sondern häufiger mit dem Beiwort "Boom" geschmückt: Die Wirtschaft floriert in der Kreisstadt, die Bevölkerung wächst wieder. Der Landkreis drum herum jedoch teilt sich zusehends in Gewinner und Verlierer.
FORCHHEIM - Das neue Lieblingsfahrzeug von Forchheims Oberbürgermeister Franz Stumpf ist ein Bagger: Immer Vollgas voraus eilt das Stadtoberhaupt von Spatenstich zu Spatenstich. Da eine Firma mit 35 Mitarbeiter angesiedelt, dort sind es auch mal 120. Über die kleinteilige, hartnäckige Wirtschaftspolitik der Stadt lächeln die größeren Nachbarkommunen inzwischen nicht mehr.
Alleine im Gewerbegebiet Pfaffensee entstehen rund 900 Arbeitsplätze, wobei viele umgesiedelt werden, etwa, weil Firmen aus dem Landkreis Erlangen-Höchstadt wegziehen. Auffälligstes Projekt ist die gigantische Halle des Logistikers Simon Hegele, die an der Ausfahrt Forchheim-Süd der A73 entstanden ist. Hier hat der Spediteur mit Hauptsitz Karlsruhe sein drittes Forchheimer Werk gebaut - Hegele ist ein wichtiger Partner von Siemens Healthcare.

Siemens macht Freude
Der Konzern aus der Nachbarstadt Erlangen bereitet den Forchheimern viel Freude, nicht nur, weil er andere Unternehmen wie Hegele anzieht. Kurz vor Weihnachten veröffentlichte Siemens nach zweijährigem Abwarten und Umplanen Zahlen, wie viele Mitarbeiter von Erlangen nach Forchheim wechseln sollen, weil dort alle Röntgenaktivitäten zusammengefasst werden: Zusätzlich zu den derzeit 1600 Beschäftigten werden bis 2015 weitere 750 in Oberfranken arbeiten. Der Standort Forchheim wird also deutlich aufgewertet.
Jenseits der seit Jahren positiven Wirtschaftszahlen wird in der Kreisstadt inzwischen intensiv über die weichen Standortfaktoren gestritten: Muss eine mittelgroße Stadt nicht ein wenig mehr für die Kultur tun? Schließlich herrscht hier längst nicht mehr nur die Bierkultur in Form des Annafestes. Vor allem das ehrenamtlich geführte Junge Theater ist eine etablierte Kleinkunstbühne in der Metropolregion.
Zuletzt sorgte das Zirk-Art-Festival im Sommer für Furore. Doch die Theatermacher warnen: Ohne eine hauptamtliche Kraft könne ihr hohes Niveau nicht gehalten werden. Der Stadtrat ziert sich und die Vereine schreien auf. Letztere sollen im Gegenteil mit weniger Geld auskommen.
Denn trotz aller Erfolge mit Firmenansiedlungen hat Stumpf der Stadt ein Sparprogramm verordnet, um für künftige magerere Zeiten gerüstet zu sein. Millionen-Rücklagen wie im oberpfälzischen Neumarkt hat Forchheims Kämmerer nicht im Rücken.
2014 wird Franz Stumpf nochmals in den Ring steigen. Seit 1990 steht er unangefochten an der Spitze der Stadtverwaltung. Einen ernsthaften Gegenkandidaten muss der 62-Jährige bisher nicht fürchten. Trotz seiner Verstrickung in die Schelsky-Affäre über den Vorsitz beim VfB Forchheim, trotz einer manchmal unglücklich­ hemdsärmligen Art: Die meisten Forchheimer verbinden den Aufschwung der Stadt mit Stumpf.
Im Landkreis Forchheim gilt dagegen wie anderswo: Je weiter weg von der Autobahn desto düsterer die Aussichten. So freuen sich Gemeinden wie Eggolsheim, Igensdorf, Hallerndorf und Heroldsbach seit Jahren über steigende Bevölkerungszahlen. Die Infrastruktur mit Kindergärten, Schulen, Gemeindehäusern oder "Kulturscheunen" kann hier sogar ausgebaut werden. Im südlichen Landkreis profitieren Orte wie Neunkirchen, Dormitz und Langensendelbach von der Nähe zum starken Erlangen.

Tiefe Sorgenfalten
Man kann jedoch behaupten: Je idyllischer die Täler der Fränkischen Schweiz werden desto tiefer werden die Sorgenfalten der Bürgermeister. Kaum eine Firma will sich hier ansiedeln, die Bevölkerung überaltert und die Touristen bleiben auch nicht mehr so lange wie früher. Gemeinden wie Muggendorf, Gößweinstein oder Egloffstein spüren wenig vom Boom im Regnitztal. Gleich zwei Hallenbäder wurden kürzlich geschlossen, in Kirchehrenbach und Gößweinstein. Kein Geld mehr.
Ein wenig bilden sich die unterschiedlichen Geschicke auch an den beiden Krankenhäusern im Landkreis ab: Während das städtische Forchheimer Klinikum seit 38 Jahren schwarze Zahlen schreibt, muss das landkreiseigene Ebermannstädter Krankenhaus sparen. Eine Fusion der beiden Häuser rückt immer näher - fragt sich nur, unter wessen Leitung.
Die Fusionsverhandlungen könnten eine von Reinhardt Glaubers letzten großen Aufgaben sein: Seit 1996 ist der Freie Wähler Landrat im Kreis. 2014 tritt er nicht mehr an. Ein Wechsel steht an. Die CSU will das Landratsamt für sich zurückgewinnen, nachdem es einst überraschend an Glauber verlorenging und sich zwei eigene Kandidaten am beliebten Landrat verschlissen haben. Die Suche nach Herausforderern reicht über die bekannten Parteisoldaten hinaus zu charismatischen Köpfen in den Gemeinden. Aus der Deckung wagt sich freilich noch niemand.
Nicht wenige vermuten, dass Glaubers Sohn Thorsten - seit 2008 Landtagsabgeordneter in München für die Freien Wähler - den Vater beerben könnte. Der jedoch äußert sich im Jahr der Landtagswahlen wohlweislich zurückhaltend. Das Jahr 2013 verspricht kommunalpolitisch spannender zu werden als das vergangene.
ⓘ Unser nächster Beitrag der Serie beschäftigt sich mit Gunzenhausen.
VON GEORG KÖRFGEN
Originalbericht enthält Foto, das wir aus rechtlichen Gründen nicht hier einstellen dürfen

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