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Channel: Neunkirchen am Brand - Pressemeldungen
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Ohne Geschichte keine Zukunft

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Heimat Der neue Ortspfleger Friedrich Ritter hat die bisher 63 Jahre seines Lebens fast ausnahmslos in Neunkirchen verbracht. Er liebt die Historie der Marktgemeinde und glaubt, künftig noch viel mehr Menschen davon faszinieren zu können.




Das imposante Deckengemälde in der Pfarrkirche zählt zu den Schönheiten, die Friedrich Ritter (oben) an Neunkirchen so mag Foto: Malbrich

Neunkirchen - Manchmal läuft trotz bester Voraussetzungen alles anders. Zum Beispiel auch in Neunkirchen. Der Ort erfüllte alle Voraussetzungen für das Stadtrecht, und es war wohl ein Zufall der Geschichte, dass es dazu nicht kam. Dennoch ist es Friedrich Ritter wichtig, dass man nicht nur die historischen Bauwerke des Ortes kennt, sondern auch über die mehr als 900 Jahre alte Geschichte Bescheid weiß.

"Es ist nicht nur eine Schlafstatt", sagt Friedrich Ritter. Seit Oktober ist er Orts- und Heimatpfleger in Neunkirchen. Er ist hier geboren worden und hat - mit wenigen Ausnahmen - sein gesamtes bisheriges Leben hier verbracht. Seit den 90er-Jahren führt er Besucher etwa eineinhalb Stunden durch den Ort und entführt sie in eine Geschichte, die den Ort noch immer prägt. Damit ist die Pfarrkirche St. Michael gemeint.

Es ist eine große mächtige Kirche für einen Ort wie Neunkirchen. Wahrscheinlich im 11. Jahrhundert ist sie gegründet worden. "Jahrhunderte ist an der Kirche gebaut worden", sagt der Heimatpfleger. Das begründet auch, warum sich in der Kirche gotische, romanische und barocke Bauweisen verschränken. Mit dem Kloster 1314 wurde auch die Pfarrkirche vergrößert. Der dazu gehörende klösterliche Kreuzgang mit den Schlafstätten wurde im 17. Jahrhundert abgerissen und von der Größe her als Anbau mit Glasdach Mitte der 90er wieder rekonstruiert.

Ein neues Denken
In früheren Jahren wurde das Bauwerk als Kapelle genutzt und ist nach dem Krieg verfallen. Ritter erinnert sich noch daran, dass der Pfarrer hier sein Auto unterstellte, den Platz als Garage nutzte. "Die Deckenfresken wie beispielsweise der Markuslöwe sind hervorragende Beispiele spätgotischer Klosterarchitektur in Oberfranken", sagt Ritter.

Aber auch das Gräfenberger Tor, das gegen Kriegsende ein amerikanischer Panzer derart stark beschädigt hat, dass es abgerissen werden musste, zeigt dem 63-jährigen Heimatpfleger vor allem eines: "Man hat die Kurve bekommen. Es hat ein Umdenken eingesetzt. Denn nun versuche man, das Vorhandene zu erhalten, während es früher einfach abgerissen worden sei."

Das erging nicht nur dem Gräfenberger Tor so. Auch die Klostermühle und Scheunen existieren nur noch als historisches Wissen. Dennoch ist es der Augustiner Chorherrenstift, der den Markt förderte.

"Das Erzbistum Bamberg hat den Ort, auch den Markt gefördert, um ein Zeichen gegen den Nürnberger Burggrafen zu setzen", sagt Ritter zur Geschichte des Klosters und des Ortes, der am äußersten Rand Oberfrankens liegt.

Die Stadtmauer, um 1500 erbaut, gibt noch Zeugnis darüber. "Sie verläuft nicht wie üblich rund, sondern hat eine Nase dran", erklärt er und meint damit den Klosterbereich, zu dem auch eine alte, noch vorhandene Scheune gehört: die Zehentscheune. "Sie war von 1314 bis 1555 die Zehentscheune des Klosters. Bis in die 90er-Jahre war das Gebäude nicht zugänglich", sagt Ritter.

"Ein urbanes Zentrum"
Der jetzige Busplatz und die Innerortsumgehung befanden sich in Privatbesitz. Seit dem Umbau ist im oberen Bereich der Zehentscheune das Felix-Müller-Museum untergebracht, unten bietet sie Raum für Veranstaltungen.

"Hier ist ein neues urbanes Zentrum entstanden", freut sich Ritter. Alle zwei Wochen findet ein Bauernmarkt statt, aber auch die Kirchweih oder das Bürgerfest werden hier abgehalten. Die Historie des Marktes ist so vielschichtig und miteinander verbunden, dass er kein Lieblingsbauwerk nennen kann.

Überhaupt, mit Geschichte kennt sich der neue Heimatpfleger aus. Germanistik, Geschichte und Sozialkunde hat Friedrich Ritter auf Lehramt studiert. Doch trotz vorhandener Voraussetzungen unterrichtete er nicht an staatlichen Schulen, sondern an Privatschulen und leitete Kurse für das berufliche Fortbildungszentrum BfZ. Sein Wissen und seine Heimatverbundenheit kommen nicht nur bei den Führungen durch den inneren und den äußeren Markt zum Ausdruck. Mit seinem Kollegen Armin Kohlmann recherchierte er die Braugeschichte des Ortes für ein Buch. "Der Neunkirchner Heimat- und Touristenverein bringt es im April zu den Neunkirchner Kulturtagen heraus", sagt er bescheiden.

Denn auch diese Braugeschichte ist eine, die den Ort noch immer berührt. "Alle noch geöffneten Gasthäuser haben das Brau- und Schenkrecht aus dem 13. Jahrhundert", sagt Ritter, der bei den Recherchen auch Interessantes zu zwei nicht mehr vorhandenen kommunalen Brauhäusern herausfand. Überhaupt gibt es nur noch eine von einst bis zu 15 Brauereien in Neunkirchen.

Auch eine Geschichte, die Neunkirchen zu dem machte, was es heute ist: "Die Schnittstelle vom Ballungsraum und Natur." Also Stadtnähe und die herrliche Fränkische Schweiz. "Das ist das Pfund, mit dem Neunkirchen wuchern kann", so der neue Heimatpfleger.

VON UNSERER MITARBEITERIN Petra Malbrich

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