Hans Häfner kam als 13-Jähriger zu der jüdischen Familie nach Ermreuth - Nach dem Krieg zog es ihn nach Affalterthal auf einen Bauernhof
Als "Hort der Gastfreundschaft" priesen schon viele Zeitzeugen das Ermreuther Schwarzhaupt-Haus in seiner Blütezeit vor dem Nazi-Terror. Hans Häfner aus Affalterthal bestätigt das: Der jetzt 89-Jährige lebte von 1937 bis 1939 mit der jüdischen Familie Schwarzhaupt unter einem Dach.
ERMREUTH - Wohl kaum jemand dürfte noch so viel über das traditionsreiche Schwarzhaupt-Haus und seine Bewohner in Ermreuth aus erster Hand berichten können wie Hans Häfner. In Schoßaritz, das inzwischen zu Hiltpoltstein gehört, wurde er in sehr bescheidenen Verhältnissen geboren, ein Bruder und eine Schwester folgten. Als er in die Schule kam, lief Hans tagtäglich nach Hiltpoltstein in die alte Schule und wieder zurück, im Winter bei Eis und Schnee, und beneidete die Kinder der reichen Bauern, die mit dem Pferdefuhrwerk gebracht wurden.
Gerade einmal 13 Jahre war er alt, als der Hausierer Adolf Schwarzhaupt mit dem Fahrrad nach Schoßaritz in das Haus seiner Eltern kam und das Angebot machte, den ältesten Sohn Hans mit nach Ermreuth zu nehmen, wo er Arbeit und Brot finden würde. Hans hatte nicht viel mehr als sein Fahrrad und willigte deshalb ein. Noch heute kann er den Weg beschreiben, den das Duo nach Ermreuth genommen hat. "Ich habe ja mein Fahrrad", dachte sich Hans, "und wenn es mir nicht gefällt, dann fahre ich einfach wieder zurück." In Ermreuth sah er dann das einfache Bauernhaus mit seinen zwei ungleichen Hälften, die die Hausnummern 26a und 26b trugen. Im Jahr 1899 hatte Rosa Schwarzhaupt das Haus, das direkt an die Synagoge grenzt, von ihrer Tante Babetta geerbt. Neben Adolf und Alma Schwarzhaupt und Max, dem Bruder von Adolf, so erinnert sich Häfner noch gut, lebte hier auch Wilhelm, der Vater, dem der kleine Hans des Öfteren noch die Tabakpfeife stopfen musste. Hans Häfner rühmt heute noch die Kochkunst von Hausherrin Alma, bei der er sich so richtig satt essen konnte und die ihn schon bald sein Elternhaus vergessen ließ. Obwohl Jüdin, hatte sie ihm auf den Lebensweg mitgegeben: "Hans, Du gehst mir aber jeden Sonntag in die Kirche." In der kleineren Haushälfte befand sich ein kleiner Laden für Stoffe und Nähzubehör, entsprechend dem Sortiment des viel größeren Geschäftes in Eckental-Forth an der heutigen B2, wo noch an dem Haus kurz vor der Bahnunterführung der Name "Schnittwaren Schwarzhaupt" zu lesen ist. Alma Schwarzhaupt richtete für jedes Kind, das im Ort zur Kommunion oder Konfirmation ging, Stoff und Nähzeug und gab sie kostenlos an deren Familien ab. Hans, der als Knecht und "Mädchen für alles" bei Schwarzhaupts liebevoll Aufnahme fand, kann sich auch noch sehr gut an Tochter Rosa erinnern, die schon fleißig Englisch lernte, weil sie noch vor den Eltern auswandern wollte.
Mit Schaudern erzählt der Zeitzeuge von der Reichskristallnacht im November 1938, als die braunen Horden um Ortsgruppenleiter und Bürgermeister Johann Oßmann das Haus stürmten, plünderten und die Einrichtungsgegenstände auf die Straße warfen. Bis 1939 die Schwarzhaupts das Haus für 4000 Reichsmark - und damit weit unter Wert - verkaufen mussten und Tochter Rosa nach Amerika auswanderte, blieb Hans der Familie treu ergeben.
Dann ging er nach Kappel, fand Aufnahme als Knecht. 1942 wurde er, der ausgewiesene Pferdekenner, nach Regensburg zur "bespannten Artillerie" einberufen, machte eine Ausbildung zum Fernmelder in Hamburg und erlebte den Zweiten Weltkrieg in Italien. An der Schulter verwundet, kam er nach Bad Aibling ins Lazarett und entging so der Gefangenschaft.
Sein Pate holte Häfner nach dem Krieg zu sich nach Affalterthal. Dort lernte er Babette - eine geborene Krügel - kennen, die Sohn Karl-Heinz mit in die 1949 geschlossene Ehe brachte, aus der dann Sohn Gerhard hervorging. Gerhard sollte den Bauernhof in Affalterthal übernehmen, lernte aber auf der Landwirtschaftsschule in Forchheim seine spätere Ehefrau Gertrud, eine geborene Läufer aus Oberrüsselbach, kennen, in deren Anwesen beide zogen. Inzwischen gibt es sechs Enkel und sechs Urenkel. Vor zwei Jahren verstarb Häfners Ehefrau Babette, nun ist er allein in seinem Anwesen in Affalterthal, das den Hausnamen "Bahler" trägt.
Versorgt wird er von den Schwestern der Diakonie. Sein liebster Zeitvertreib ist das Flechten von Körbchen, die er an Freunde verschenkt. Auch einem Plausch unter Nachbarn ist er nie abgeneigt.
VON ROLF RIEDEL
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