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Er zapft jede Bier-Quelle an

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Braugeschichte Seit zwei Jahren schon labt sich Herbert Roth an der Historie der Neunkirchener Braukunst. 2013 will er auch andere auf den Geschmack bringen.


Herbert Roth zeigt die beiden Kommunbrauhäuser, die nur noch auf Bildern zu bewundern sind. Fotos: Barbara Herbst

An manchen Häusern finden sich noch Spuren der Neunkirchener Braugeschichte.

Dieser Kunstdruck zeigt, wie die Brauerei Vasold und Schmitt in den 30er Jahren das Ortsbild beherrschte.

Utensilien der lokalen Biergeschichte finden sich im Neunkirchener Heimatmuseum, das im alten Bahnhof untergebracht ist.

Herbert Roth sammelt alles, was mit Bier zu tun hat.

Neunkirchen am Brand - Herbert Roth zeigt die Postkarte mit dem Motiv aus den 30er Jahren des letzten Jahrhunderts: auf dem Schwarz-Weiß-Druck ist ein Ort zu sehen, der von einer Industrieanlage und rauchenden Schloten geprägt ist. Unter dem Bild steht: "Vasold & Schmitt. Brauerei Neunkirchen am Brand".

Doch aus jenen bierseligen Zeiten sind fast nur noch klangvolle Namen in Erinnerung: Kohlmann, Hubmann, Hebendanz. Vier Brauereien und einen Mälzer hat es in Neunkirchen gegeben. "Von Vasold und Schmitt ist nur noch Schmitt geblieben", sagt Roth. Alle anderen seien verschwunden.

Die rätselhafte Zahl 1888
Herbert Roth ist ein Spezialist für Heimatgeschichte. Jedes Jahr stellt das von ihm mitgegründete Neunkirchener Heimatmuseum ein Thema vor. 2013 soll es die Bauerei-Geschichte des Ortes sein. Bereits seit zwei Jahren recherchiert der 72-Jährige an diesem Thema: "Ich hänge tagelang im Internet und suche Biergeschichten."

Schon jetzt sei es schwierig, das Thema aufzuarbeiten. Begonnen hat die Neunkirchner Biergeschichte im Jahr 1536. "Polster braute das erste Bier, aber eine Brauerei war das noch nicht", sagt Roth. Bei seinen Recherchen ist er immer wieder auf die Zahl 1888 gestoßen. "In diesem Jahr sind die meisten Brauereien in Oberfranken entstanden." Warum? Das hat Roth noch nicht herausgefunden.

"Beim Bier scheiden sich alle Geister", sagt er. Das gelte auch für die vielen Aussprüche, die sich um das Getränk ranken: "Das ist mein Bier!" " Das ist dein Bier!" Jeder sage das heute noch. Doch über die genaue Herkunft dieser Sprüche wisse niemand Bescheid, weiß der Bierforscher Roth, nachdem er zig Quellen befragt hat. "Es gibt keine aussagekräftigen Erklärungen. Das gilt auch für die Herkunft des Bieres. In Ägypten soll es erfunden worden sein, aber da ist viel nur Vermutung."

Jede Bierspur wird verfolgt
Ein Arbeitskreis aus zehn Neunkirchener Bier-Experten soll jetzt aktiv werden. Damit die Besucher der Ausstellung im nächsten Jahr jede erdenkliche Spur verfolgen können, die die Biergeschichte in Neunkirchen hinterlassen hat: Den Sommergarten, das Bierlager und das Geburtshaus des Beck`n Hannes; den Klosterhof, die alte Brauerei Polster, die bis vor fünf Jahren produzierte - und natürlich die noch funktionierende Brauerei Vasold und Schmitt.

"Fünf Brauereigasthöfe hat es in Neunkirchen gegeben. Alle konnten gut leben, es wurde noch mehr getrunken als heute", meint Herbert Roth. Dann sei der "Bierausstoß" zurückgegangen: "Die Konsumbierschiene hat den Brauereien das Leben schwer gemacht. Der Einzelhandel ist sehr mächtig geworden."

Und natürlich ist die Technik mächtig geworden. Denn ursprünglich war die Mode des Biertrinkens mit den Kommunbrauhäusern verbunden. Jede Familie konnte hier ihr eigenes Bier herstellen. Hausbräuer hatten keine Steuer zu zahlen, das Bier galt als Haustrunk. 32 Berechtigte habe es gegeben, man durfte nur für den eigenen Bedarf brauen. Heute, im Zeitalter der Automatisierung könne "ein Mann einen ganzen Betrieb lenken, da reicht ein Knopfdruck".

Die Macht der Brauer
All das will das Heimatmuseum im nächsten Jahr vor Augen führen. Auch die Macht, die die Brauer seit jeher hatten. Denn wenn es Frostjahre gab und beispielsweise die Bauern ihre Rechnungen nicht begleichen konnten, dann zahlten sie in Äckern. Daher waren die Brauer im Ort auch immer reiche Leute - und Großgrundbesitzer.

Leider sind die beiden Kommunbrauhäuser verschwunden. Eines stand neben dem Rathaus, das andere in der Fröschau. Sie waren in den ersten Jahrzehnten des 17. Jahrhunderts gebaut worden.

"Zum Brauen wurde das Wasser des Brandbaches genommen. Und die große Kunst war das Lagern des Bieres", erklärt Herbert Roth. Kühle Keller und Eis waren gefragt. "Das Bier hat jeden Tag anders geschmeckt. Das hing vom Wetter ab, von der Bodenbeschaffenheit der Gerste, von der Qualität des Wassers. Saures Bier war wohl keine Seltenheit." 20 verschiedene Beschreibungen hat Herbert Roth gefunden, wie die einzelnen Bestandteile verwendet wurden. Und viele Sammelstücke hat er zusammengetragen, die er nächstes Jahr zeigen will: Gläser, Krüge, einen Eisschrank von der Dormitzer Brauerei Fröhlich, säckeweise Bierkapseln und Deckel, Werkzeuge wie einen "Verkorker" und ein Bild, das Eis hackende Männer zeigt.

Doch die Besucher der Bier-Ausstellung sollen nicht nur sehen und erinnern - sie werden auch zur Praxis animiert. Roth: "2013 werden wir unser eigenes Bier brauen."

VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED
Ekkehard Roepert

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