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Laufen

Ein Kurs der SG Neunkirchen am Brand will aus Gelegenheitsjoggern in zehn Wochen Halbmarathon-Läufer machen. Das geht nicht ohne ein bisschen Qual. Geli und ihre Mitstreiter stöhnen, halten aber durch. Fürs Erste.
VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED Michael Memmel

Neunkirchen am Brand - Die ersten Schritte sind getan, die Läufer kennen ihre anaeroben Schwellen und ihren Pulsbereich für langsames Dauerlaufen, die Trainingspläne sind verteilt, das Ziel steht fest und heißt Fürth-Metropol-Halbmarathon am 16. Juni. Jetzt geht es erst richtig los! Harald Hüttmann, der Übungsleiter der SG Neunkirchen am Brand, verordnet den zehn Halbmarathon-Willigen die erste Trainingseinheit mit Tempowechseln. Also rein in den Wald und auf ins Vergnügen.

Von ganz hinten nach ganz vorne
Hüttmann lässt die Gruppe sich erstmal ganz langsam warm laufen. Die Teilnehmer lächeln und plaudern angeregt - vorzugsweise über Fußball und wie Bayern und Dortmund die Champions League dominieren. Bevor die Stimmung zu ausgelassen wird, müssen die Läufer mit ein, zwei Metern Abstand hintereinander laufen. Und nun beginnt der Spaß: "So, und jetzt läuft der Hinterste los und überholt im Slalom die anderen, bis er ganz vorne ist. Und dann kommt der nächste", erklärt Hüttmann und rennt selbst leichtfüßig an ein paar Leuten vorbei. Geli, eine kleine, pfiffigen Sportlerin, darf als erste den Turbo einschalten. "Furchtbar", zischt sie lachend, während sie an den ersten Mitstreitern vorbeizieht.

Hüttmann beobachtet, gibt kurze Anweisungen und spornt zur Temposteigerung an. Er weiß, was er der Gruppe zumuten kann. Seine Trainingspläne entsprechen dem Mindestumfang, um am Ende des Kurses den Halbmarathon auch zu packen. Der Umfang an Kilometern lasse sich anheben, die Intensität besser nicht. "Nicht mehr als zehn Prozent Steigerung von Belastung und Umfang pro Woche" gibt er als Faustregel aus. Obwohl jeder glaube, dass er mehr könne. Er erklärt: "Nach zwei Wochen spürt der eine oder andere jetzt möglicherweise schon erste positive Auswirkungen des intensiveren Trainings auf Herz-Kreislauf und die Beine machen auch schon besser mit." Das Problem sei jedoch, dass Bänder, Sehnen und Knochen da nicht mitkämen. "Die brauchen, da nicht gut mit Nährstoffen über die Blutbahn versorgt, deutlich länger. Wer sich jetzt von seinen gestärkten Beinen täuschen lässt und zu starken Ehrgeiz entwickelt, dem bereiten die Bänder und Sehnen bald unangenehme Überraschungen."

Aber zurücklehnen darf sich auch keiner. Nachdem alle Teilnehmer das komplette Rudel einmal überholt haben, übernimmt der Trainer selbst das Kommando. Hüttmann läuft nun voran und fordert alle auf, an ihm dran zu bleiben, wenn er gleich das Tempo verschärft. Zwei, drei Minuten geht es rasant über Stock und Stein, über Wurzeln und abgebrochene Äste. Die Unterhaltungen verstummen augenblicklich, nur von Geli ist noch ein kurzes "furchtbar" zu hören. Rechter Hand fliegt der Kreuzweiher vorbei, kaum registriert von den schwer atmenden Teilnehmern. Endlich geht es wieder gemächlich dahin für fünf Minuten, dann beginnt das Spiel erneut. Insgesamt dreimal, jeweils eröffnet von einem kurzen "furchtbar" von Geli, das jedes Mal weniger ironisch klingt.

Zeitvorgabe leicht überschritten
Als die Tempowechsel geschafft sind, ist der Lauf noch nicht vorbei. Auf nun schon vertrauten Wegen geht es zurück zum SG-Sportheim in der Joseph-Kolb-Straße. 70 Minuten ist die Gruppe diesmal unterwegs. "Ich muss mich entschuldigen", sagt Hüttmann mit einem Blick auf die Uhr. Eigentlich war nur gut eine halbe Stunde vorgesehen für den Lauf. "Ich verspreche mich künftig besser an die Zeit zu halten", sagt Hüttmann und meidet lieber Gelis Blick. Der sagt nämlich inzwischen auch nur noch ein Wort…

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