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Die geistigen Väter sitzen in Franken

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NSU-Terror Dass Nürnberg zu einem zentralen Schauplatz der Mordserie wurde, ist ganz sicher kein Zufall. Die "Wehrsportgruppe Hoffmann" zeigte schon vor über 30 Jahren, wozu Neonazis fähig sind.
VON UNSEREM REDAKTIONSMITGLIED Günter Flegel

Nürnberg - Bei vielen Neonazis ist die "Wehrsportgruppe Hoffmann" bis heute Kult. Im einschlägigen Handel gibt es für 20 Euro T-Shirts mit dem Konterfei des "Chefs" Karl-Heinz Hoffmann, der auf Schloss Ermreuth bei Erlangen lebt.

Hoffmann, Jahrgang 1937, dem nie eine Beteiligung am Oktoberfest-Attentat 1980 (13 Tote) und dem Doppelmord an dem Erlanger Rabbiner Shlomo Lewin und seiner Lebensgefährtin im gleichen Jahr nachgewiesen werden konnte, war und ist ein Medienprofi. Wird er heute mit den Aktivitäten von Neonazis in Verbindung gebracht, setzt der Unternehmer in der Regel seine Anwälte in Marsch.

Ungeachtet dessen spinnt er seine rechte Ideologie weiter, aktuell mit dem Schwerpunkt auf dem NSU-Prozess. Hier strickt er im Internet an den Verschwörungstheorien, die in rechten Kreisen kursieren: Die Mordserie des "NSU-Phantoms" (so die Sprachregelung in rechten Netzwerken) war eine Aktion der Geheimdienste; Zschäpe, Mundlos und Böhnhardt Opfer, nicht Täter. Das liest sich ganz ähnlich wie die Legenden, die nach 1980 um das Oktoberfest-Attentat und den Doppelmord in Erlangen gewebt wurden. Zahlreiche Spuren führten ins rechte Milieu und auch zu Hoffmann und seinen Gefolgsleuten (die militante Gruppe umfasste bis zu ihrem Verbot 1980 zeitweise bis zu 500 Mitglieder).

Bewiesen werden konnte nichts: Die Behörden gingen von "fanatischen Einzeltätern" aus und verkannten schon vor dreißig Jahren das terroristische Potenzial und die Organisationsfähigkeit des rechten Lagers. Den Neonazis wiederum lieferten zahlreiche Ermittlungspannen und der dubiose Einsatz von V-Leuten wie aktuell beim NSU-Verfahren frei Haus Ansatzpunkte für absurde Verschwörungstheorien.

Offenkundig sind die engen Verbindungen der ostdeutschen Rechten nach Franken, sei es aus historischer oder persönlicher Verbundenheit. Zu den "Verbindungsleuten" gehört auch der Publizist Claus Nordbruch, der in Südafrika lebt. Er arbeitet eng mit dem "Hilfskomitee südliches Afrika" zusammen. Der Verein sitzt in Coburg hat Verbindungen mit dem "Heimatschutz" sowohl in Thüringen wie in Franken. In diesen beiden rechten Organisationen waren V-Leute des Verfassungsschutzes aktiv, darunter Kai D. aus dem Landkreis Kronach. Der "Heimatschutz" gilt als eine der Keimzellen des NSU. Südafrika hatte sich das NSU-Trio aus Fluchtziel ausgesucht. Zufall?

Eine weitere mögliche Schlüsselfigur des NSU-Umfeldes, die im Prozess in München wohl kaum eine Rolle spielen wird, "sitzt" buchstäblich ebenfalls in Franken. Es handelt sich um Gerhard Ittner aus Zirndorf (Landkreis Fürth). Er wurde 2005 in Nürnberg unter anderem wegen Volksverhetzung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, floh ins Ausland und wurde schließlich 2012 von Portugal ausgeliefert. Jetzt verbüßt er seine Strafe in Bayreuth und schickt "Märtyrer"-Botschaften aus der Zelle.

Ittner wurde unter anderem ausgeliefert, weil die Behörden gegen ihn im Zuge der NSU-Morde ermittelten. Das ist heute kein Thema mehr, warum auch immer: Ittner hatte auf einem Flugblatt im August 2000 ein "Mittwochsdossier" und das "Unternehmen Flächenbrand" angekündigt: "Von jetzt ab wird zurückgeschossen." Der erste Mord geschah wenig später in Nürnberg: 9. September. Sechs der zehn NSU-Morde wurden mittwochs verübt. Ein Zufall?


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