Rettungsstaffel fliegt bei Waldbrandgefahr
VON ELKE GRASSER-REITZNER Sie schickt der Himmel: 300 Pilotinnen und Piloten und rund 250 speziell geschulte Beobachter von Feuerwehren, Katastrophenschutz oder Behörden gehören zur Luftrettungsstaffel Bayern. Im Sommer gehen sie mit ihren Kleinflugzeugen bald jedes Wochenende im Auftrag der Regierung in die Luft, um Mensch und Natur zu schützen. Sie halten nach Waldbränden in der Region Ausschau, haben den Verkehr im Blick, lotsen Helfer an den Ort des Geschehens.
Ohne einen Cent dafür zu erhalten.
HERZOGENAURACH - Kaum ist die Cessna mit einem sanften Schwupps von der Startbahn in Herzogenaurach abgehoben und in einer nördlichen Kurve über Erlangen hinweggezogen, meldet Pilot Otto Bader das kleine Motorflugzeug am Tower des Nürnberger Flughafens an. "Delta Charlie Delta, wir fliegen zur Luftbeobachtung November ein." Sofort antwortet ein freundlicher Fluglotse und gibt den Luftraum im Kontrollbereich des Verkehrsflughafens frei.
Die Fachsprache wirkt wie ein Zauberwort: Ab jetzt genießt die viersitzige Cessna, ein Winzling der Lüfte, Vorrang. Sie darf in extrem niedriger Höhe, rund 300 Meter über dem Boden, Sebalder und Lorenzer Reichswald umkurven. Würden die Beobachter an Bord dort einen Brandherd sichten oder einen schweren Unfall an der nahen Autobahn entdecken, der Tower Nürnberg könnte große Passagiermaschinen umdirigieren oder später landen lassen.
Bauer wirbelt Staub auf
Die große Hitze und Trockenheit der vergangenen Wochen hat die Waldbrandgefahr ansteigen lassen. Stufe 4 gilt für Teile Mittelfrankens und der Oberpfalz. Die Regierungen dort haben Luftbeobachtung angeordnet. Von oben sehen die waldreichen Gebiete üppig grün aus. Heroldsberg, Kalchreuth, Neunkirchen liegen schläfrig da. Plötzlich steigt Rauch auf. "Das heißt noch lange nicht, dass da eine Feuerstelle ist", sagt Pilot Otto Bader. Er hat recht. Als er die Maschine sanft nach Westen schwenkt und die Stupsnase der Cessna leicht nach unten drückt, wird hinter einem Waldstück ein Traktor sichtbar. Der Bauer, der den Acker umpflügt, wirbelt gewaltig Staub auf. Erde, kein Feuer, flirrt da in der Luft.
Bader ist Leiter der Herzogenauracher Luftretter, er bildet selbst Piloten aus und hat reichlich Erfahrung. Mindestens 200 Flugstunden müssen Piloten vorweisen, um für diese Dienste eingesetzt zu werden. Trotzdem fliegen auch Könner wie Bader nicht alleine. Meist ist ein Feuerwehrmann mit an Bord, der an der Würzburger Feuerwehrschule einen speziellen Lehrgang absolviert hat, und ein Forstmitarbeiter, der die Waldgebiete wie seine Westentasche kennt. Zudem: Borkenkäfernester sieht man nirgends besser als von ganz oben...
Über Kopfhörer und Funk ist die kleine Crew im Cockpit miteinander verbunden, aber auch mit der Polizei und der Aufsicht im Tower. Denn wenn Gefahr in Verzug ist, muss es schnell gehen. Vor ein paar Jahren habe er nahe Nürnberg-Zollhaus ein 50 Quadratmeter großes Bodenfeuer von der Maschine aus entdeckt, berichtet Luftbeobachter Erich Liefländer.
Weder Nachbarn noch die Autofahrer hatten die Glut bemerkt. Liefländer, Feuerwehrmann aus Gunzenhausen, rief an Bord sofort "Florian Nürnberg", die Feuerwehr rückte an und ließ sich von der über dem Gras kreisenden Motormaschine den Weg weisen.
Die Luftretter seien das "fliegende Auge" der Bevölkerung lobte Innenminister Joachim Herrmann begeistert am Wochenende beim Staatsempfang zum 45. Geburtstag der Luftrettungsstaffel Bayern auf der Nürnberger Kaiserburg. Seit 1973 sind die ehrenamtlichen Luftbeobachter Teil des bayerischen Katastrophenschutzes. Ein Jahr zuvor hatten sie ihren ersten großen Einsatz bei den Olympischen Spielen in München. Seitdem haben sich die Aufgaben immer wieder verändert.
Freistaat zahlt nur das Benzin
Heute fliegt die Staffel eilige Medikamente, bringt Sachverständige an Unfallstellen. Sie lotst Helfer in Gefahrenzonen. An Pfingsten kreisten Luftretter über den Hochwassergebieten von Passau und Deggendorf. Doch weder die Piloten noch Feuerwehrleute oder Behördenmitarbeiter erhalten für diese Dienste an Mensch und Natur, die oft an den Wochenenden angeordnet werden, eine Entschädigung. Der Freistaat bezahlt nur Flugbenzin und die Charterkosten für ihre Maschinen. Die 31 Flugplätze - 26 davon gehören Flugsportvereinen - stehen dem Freistaat für diese Dienste kostenlos zur Verfügung, neben Herzogenaurach auch Ansbach-Petersdorf, Schwabach-Heidenberg, Weißenburg, Rothenburg oder Neumarkt.
Karl Herrmann, Präsident der bayerischen Staffel, betont, dass die Luftretter auch außerhalb der angesetzten Beobachtungszeiten wertvolle Arbeit leisten. 71 von 114 Feuerstellen in diesem Jahr haben seine Mitglieder während ihrer Freizeitflüge kontrolliert. Herrmann, ein Schulleiter aus Würzburg im Ruhestand, steuert selbst eines der beiden im Freistaat stationierten schnellen Einsatzflugzeuge für besondere Gefahrenlagen.
Jetzt, in der Hauptreisezeit, halten die Piloten auch Kurs auf die Autobahnen. Otto Bader schwenkt über die A3 und die A 73 und dreht über Forchheim ab. Alles ruhig, kein Stau, kein Unfall. Dann dort, bei den Aischgründer Karpfenweihern: Es qualmt. Bader bleibt ruhig. Als die Cessna tiefer geht, ist das Feuer deutlich zu sehen. Es ist ein Grillfeuer. Nichts Ernstes. Bis jetzt.
Originalbericht enthält Foto, das wir aus rechtlichen Gründen nicht hier einstellen dürfen
VON ELKE GRASSER-REITZNER Sie schickt der Himmel: 300 Pilotinnen und Piloten und rund 250 speziell geschulte Beobachter von Feuerwehren, Katastrophenschutz oder Behörden gehören zur Luftrettungsstaffel Bayern. Im Sommer gehen sie mit ihren Kleinflugzeugen bald jedes Wochenende im Auftrag der Regierung in die Luft, um Mensch und Natur zu schützen. Sie halten nach Waldbränden in der Region Ausschau, haben den Verkehr im Blick, lotsen Helfer an den Ort des Geschehens.
Ohne einen Cent dafür zu erhalten.
HERZOGENAURACH - Kaum ist die Cessna mit einem sanften Schwupps von der Startbahn in Herzogenaurach abgehoben und in einer nördlichen Kurve über Erlangen hinweggezogen, meldet Pilot Otto Bader das kleine Motorflugzeug am Tower des Nürnberger Flughafens an. "Delta Charlie Delta, wir fliegen zur Luftbeobachtung November ein." Sofort antwortet ein freundlicher Fluglotse und gibt den Luftraum im Kontrollbereich des Verkehrsflughafens frei.
Die Fachsprache wirkt wie ein Zauberwort: Ab jetzt genießt die viersitzige Cessna, ein Winzling der Lüfte, Vorrang. Sie darf in extrem niedriger Höhe, rund 300 Meter über dem Boden, Sebalder und Lorenzer Reichswald umkurven. Würden die Beobachter an Bord dort einen Brandherd sichten oder einen schweren Unfall an der nahen Autobahn entdecken, der Tower Nürnberg könnte große Passagiermaschinen umdirigieren oder später landen lassen.
Bauer wirbelt Staub auf
Die große Hitze und Trockenheit der vergangenen Wochen hat die Waldbrandgefahr ansteigen lassen. Stufe 4 gilt für Teile Mittelfrankens und der Oberpfalz. Die Regierungen dort haben Luftbeobachtung angeordnet. Von oben sehen die waldreichen Gebiete üppig grün aus. Heroldsberg, Kalchreuth, Neunkirchen liegen schläfrig da. Plötzlich steigt Rauch auf. "Das heißt noch lange nicht, dass da eine Feuerstelle ist", sagt Pilot Otto Bader. Er hat recht. Als er die Maschine sanft nach Westen schwenkt und die Stupsnase der Cessna leicht nach unten drückt, wird hinter einem Waldstück ein Traktor sichtbar. Der Bauer, der den Acker umpflügt, wirbelt gewaltig Staub auf. Erde, kein Feuer, flirrt da in der Luft.
Bader ist Leiter der Herzogenauracher Luftretter, er bildet selbst Piloten aus und hat reichlich Erfahrung. Mindestens 200 Flugstunden müssen Piloten vorweisen, um für diese Dienste eingesetzt zu werden. Trotzdem fliegen auch Könner wie Bader nicht alleine. Meist ist ein Feuerwehrmann mit an Bord, der an der Würzburger Feuerwehrschule einen speziellen Lehrgang absolviert hat, und ein Forstmitarbeiter, der die Waldgebiete wie seine Westentasche kennt. Zudem: Borkenkäfernester sieht man nirgends besser als von ganz oben...
Über Kopfhörer und Funk ist die kleine Crew im Cockpit miteinander verbunden, aber auch mit der Polizei und der Aufsicht im Tower. Denn wenn Gefahr in Verzug ist, muss es schnell gehen. Vor ein paar Jahren habe er nahe Nürnberg-Zollhaus ein 50 Quadratmeter großes Bodenfeuer von der Maschine aus entdeckt, berichtet Luftbeobachter Erich Liefländer.
Weder Nachbarn noch die Autofahrer hatten die Glut bemerkt. Liefländer, Feuerwehrmann aus Gunzenhausen, rief an Bord sofort "Florian Nürnberg", die Feuerwehr rückte an und ließ sich von der über dem Gras kreisenden Motormaschine den Weg weisen.
Die Luftretter seien das "fliegende Auge" der Bevölkerung lobte Innenminister Joachim Herrmann begeistert am Wochenende beim Staatsempfang zum 45. Geburtstag der Luftrettungsstaffel Bayern auf der Nürnberger Kaiserburg. Seit 1973 sind die ehrenamtlichen Luftbeobachter Teil des bayerischen Katastrophenschutzes. Ein Jahr zuvor hatten sie ihren ersten großen Einsatz bei den Olympischen Spielen in München. Seitdem haben sich die Aufgaben immer wieder verändert.
Freistaat zahlt nur das Benzin
Heute fliegt die Staffel eilige Medikamente, bringt Sachverständige an Unfallstellen. Sie lotst Helfer in Gefahrenzonen. An Pfingsten kreisten Luftretter über den Hochwassergebieten von Passau und Deggendorf. Doch weder die Piloten noch Feuerwehrleute oder Behördenmitarbeiter erhalten für diese Dienste an Mensch und Natur, die oft an den Wochenenden angeordnet werden, eine Entschädigung. Der Freistaat bezahlt nur Flugbenzin und die Charterkosten für ihre Maschinen. Die 31 Flugplätze - 26 davon gehören Flugsportvereinen - stehen dem Freistaat für diese Dienste kostenlos zur Verfügung, neben Herzogenaurach auch Ansbach-Petersdorf, Schwabach-Heidenberg, Weißenburg, Rothenburg oder Neumarkt.
Karl Herrmann, Präsident der bayerischen Staffel, betont, dass die Luftretter auch außerhalb der angesetzten Beobachtungszeiten wertvolle Arbeit leisten. 71 von 114 Feuerstellen in diesem Jahr haben seine Mitglieder während ihrer Freizeitflüge kontrolliert. Herrmann, ein Schulleiter aus Würzburg im Ruhestand, steuert selbst eines der beiden im Freistaat stationierten schnellen Einsatzflugzeuge für besondere Gefahrenlagen.
Jetzt, in der Hauptreisezeit, halten die Piloten auch Kurs auf die Autobahnen. Otto Bader schwenkt über die A3 und die A 73 und dreht über Forchheim ab. Alles ruhig, kein Stau, kein Unfall. Dann dort, bei den Aischgründer Karpfenweihern: Es qualmt. Bader bleibt ruhig. Als die Cessna tiefer geht, ist das Feuer deutlich zu sehen. Es ist ein Grillfeuer. Nichts Ernstes. Bis jetzt.
Originalbericht enthält Foto, das wir aus rechtlichen Gründen nicht hier einstellen dürfen