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Ärger um Jugendarbeit

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Ehrenamtliche brauchen erweitertes Führungszeugnis


VON DIETER KÖCHEL
Viel Staub aufgewirbelt hat der Paragraph 72 a des Sozialgesetzbuches VIII. Vielmehr die fachliche Empfehlung seiner Handhabung durch den bayerischen Landesjugendhilfeausschuss. Demnach sollen Ehrenamtliche in der Kinder- und Jugendhilfe - auch im Ferienprogramm einer Gemeinde - ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen.
ERLANGEN-LAND - "Wir wollen uns nichts vorwerfen, wenn es um den Schutz der Kinder geht", wehrt Bürgermeister Heinz Richter aus Neunkirchen ab. Die Gemeinde hat von den Anbietern von Programmteilen im Ferienprogramm zwar kein erweitertes Führungszeugnis verlangt; aber sie legte den Betreuern ein Formular zur Selbstauskunft vor.
Darin erklären die Betreuer per Unterschrift, dass sie weder ihre Fürsorgepflicht verletzen, noch die sexuelle Selbstbestimmung, dass sie Schutzbefohlene nicht misshandeln und auch keine Verstöße gegen die persönliche Freiheit begehen. Auch dass in Vergangenheit und Gegenwart keine juristischen Verfahren gegen sie anhängig sind oder waren.

"Nicht entspannt"
Es war kein Sturm der Entrüstung, der sich da erhob, "aber von vielen Ehrenamtlichen wird das nicht so entspannt gesehen", schildert Richter die Reaktionen auf das Formblatt. Natürlich sei da immer wieder zu hören, man biete nun schon 20 Jahre etwas im Ferienprogramm an, und habe sich nie etwas zu Schulden kommen lassen. Das sei doch Ausdruck tiefen Misstrauens. Und das müsse man sich nicht bieten lassen. "Man muss halt mit den Leuten reden, ihnen erklären, dass das eine Vorgabe des Gesetzgebers ist", dann lenken die meisten ein, erzählt Neunkirchens Gemeindeoberhaupt.
Seine geschäftsleitende Beamtin Gabriele Braun weiß, dass zumindest ein Ferienprogramm-Anbieter einen Rückzieher gemacht hat. Sie äußert einerseits Verständnis für langjährige Ehrenamtliche, die sich durch eine solche Selbstauskunft provoziert und in Misskredit gebracht sehen. "Die Denke ist bei uns oft, dass Ehrenamtliche grundsätzlich gute Menschen sind", sagt Braun, "aber das seien eben Menschen wie jeder andere von uns". Ziel der Maßnahme sei die Gewährleistung des Jugendschutzes, da gebe es keine Neunkirchner Sonderregelung.

Müssen das umsetzen
Dagmar May, Leiterin des Jugendamtes am Landratsamt Forchheim, gibt ihr recht. "Es ist klar, dass die Gemeinden die Empfehlung des Landesjugendamtes umsetzen müssen." Und die besage eindeutig, dass alle, die in der Jugendpflege, in Kitas, im Auftrag einer Gemeinde haupt- und nebenberuflich, aber auch ehrenamtlich tätigen Personen ein erweitertes polizeiliches Führungszeugnis vorlegen müssen. May ist bewusst, dass "viele das als Misstrauen empfinden". Aber es drehe sich darum, zum Schutz der Kinder und Jugendlichen "möglichst viel Risiko auszuschalten".
Das ist im Landkreis Erlangen-Höchstadt nicht anders, sagt Jugendamtsleiterin Heike Krahmer. Der Kinderschutz sei wichtig. Hier werde nur der Paragraph 72a umgesetzt. "Wir haben eher debattiert, ob diese Maßnahme ausreicht", beschreibt sie den Diskussionsprozess im Jugendamt. Endgültige Sicherheit erreiche man auch mit der Vorlage des erweiterten polizeilichen Führungszeugnisses nicht, ist Krahmer überzeugt. Aber auch sie sieht es als wichtigen Schritt.
Natürlich habe es Nachfragen gegeben. "Wir hatten eigentlich mit größeren Widerständen gerechnet", schildert die Jugendamtschefin des Landkreises Erlangen-Höchstadt ihre Erfahrungen mit der gesetzlichen Neuerung. Doch die meisten Ehrenamtlichen hätten ein Einsehen gezeigt. Das Führungszeugnis werden laut Krahmer künftig auch alle Vereine und Verbände, die Kinder- und Jugendarbeit anbieten, für ihre Jugendbetreuer zur Einsichtnahme vorlegen müssen; egal ob Gesangvereine, Sportvereine oder Feuerwehren, um nur einige zu nennen.

Keine Kosten
Immerhin finanziell kann Krahmer die Betroffenen beschwichtigen. Für in der Jugendarbeit tätige Ehrenamtliche gilt: Das erweiterte polizeiliche Führungszeugnis ist für sie kostenlos, wenn sie per Bescheinigung nachweisen, dass sie ehrenamtlich arbeiten.

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