Noch immer sind Studentinnen in vielen Bereichen Exotinnen - Schwere Frage: Job oder Familienplanung?
VON MARIA HEINRICH ⓘ S TART ins Studium
Mit roten Wangen, abgekauten Fingernägeln und schweißnassen Händen haben viele Schüler in Bayern ihr Abitur hinter sich gebracht. Aber was machen jetzt? Studieren? Ja! Aber was? Seit etlichen Jahren wird versucht, mehr Mädchen in den Mint-Bereich zu locken.
Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften steigt jedes Jahr an. Deshalb wollen die EU-Mitgliedstaaten mehr junge Leute für die sogenannten Mint-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, begeistern. Vor allem Mädchen.
Denn gerade in den Mint-Studiengängen ist das Verhältnis zwischen Frauen und Männern oft ziemlich ungleich, zum Beispiel an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg. Dort waren im vorigen Wintersemester in den Ingenieurwissenschaften 6000 Studierende immatrikuliert, davon nur etwa 16 Prozent Frauen.
Woran liegt das? Passen Frauen und Technik nicht zusammen? Oder haben Frauen Angst vor den naturwissenschaftlichen Studiengängen? Monja Fuchs schüttelt über solche Fragen nur den Kopf.
Die 20-Jährige aus Neunkirchen am Brand studiert Maschinenbau an der TH - und ist begeistert. Monja hat sich schon als Kind für Naturwissenschaften interessiert. In der Schule belegte sie Seminare über Fahrzeugtechnik und Ingenieurberufe. Sie nahm am Girls' Day teil und machte Ferienpraktika bei Betrieben, wo sie löten, fräsen, drehen, schweißen und Gewinde schneiden durfte.
Weil sie die Praxisorientierung im Gymnasialunterricht vermisst hatte, entschied sich die 20-Jährige für ein duales Studium, also eine Kombination zwischen Ausbildung und Studium. Dabei hat Monja beobachtet, dass sich sowohl die Jungs als auch die Mädchen "zusammenrotten" und Grüppchen bilden. Gerade am Anfang des Studiums bei den jungen Männern kollegialen Anschluss zu finden, sei ziemlich schwer.
"Während meiner Ausbildung ist mir aufgefallen, dass sich die männlichen Kollegen ein bisschen schwer mit mir getan haben", erzählt die 20-Jährige. "Ich war damals nämlich die einzige Frau im Betrieb. Deshalb fehlte zum Beispiel eine Umkleidekabine für Frauen. Die ist aber extra nachgerüstet worden." Auch in anderen Dingen genießt Mona einen Exotenbonus. Man gehe vorsichtiger und rücksichtsvoller mit ihr um als mit den Jungs.
Auch Ursula Pfannenmüller hat diesen Bonus kennengelernt. "Das ist wie eine Spotlightsituation", erklärt die Leiterin der Elektronik-Produktion bei Brose in Hallstadt, die in Erlangen Werkstoffwissenschaften studiert hat. "Du fällst als Frau auf. Das war mir nie so recht. Ich wollte lieber genau wie alle anderen behandelt werden." Genau wie Monja hat sich Ursula Pfannenmüller schon als Jugendliche für Technik begeistert. "Ich erinnere mich noch deutlich an einen Versuch in der Schule, bei dem eine Metallkugel im kalten Zustand durch einen Ring gepasst hat, im warmen Zustand aber nicht. Das war faszinierend".
Am meisten Probleme bereiteten Ursula Pfannenmüller die Hemmschwellen im eigenen Kopf. "Wenn ich vor einem technischen Problem stand, habe ich mir gesagt, das kannst du vielleicht nicht lösen." Das Wichtigste für die Ingenieurin war immer: Wer sich für Technik interessiert und etwas dafür tut, der schafft auch das Studium - egal ob Frau oder Mann. Und genau das versucht sie auch als Beraterin beim TH-Mentoring Projekt "Simone" an ihre Schützlinge weiterzugeben.
"Es ist mir ein persönliches Anliegen den Studentinnen bei Simone zu vermitteln, dass sie Familie und Karriere durchaus vereinen können", erzählt Ursula Pfannenmüller. "Ich habe mir eingeredet, ich müsste mich für eines entscheiden. Aber ich möchte die jungen Frauen unterstützen, beides zu vereinbaren".
Vor einer Entscheidung wird auch bald Louisa Herold stehen. Zumindest fühlt sich dazu gedrängt: "Trotz Kita, Elternzeit und allem, habe ich das Gefühl, dass die Wirtschaft von einer Frau fordert, eine Entscheidung zu fällen", sagt sie.
Louisa steht kurz vor ihrer Bachelor- Arbeit im Fach Medizintechnik mit dem Schwerpunkt Mechatronik und Feinwerktechnik. Und sie steht jetzt vor der schweren Wahl: Masterabschluss oder doch lieber einen Job annehmen - und damit der Familienplanung näher kommen.
"Ich kann mir als Frau nicht ewig Zeit lassen, das ist schließlich auch ein biologisches Problem", erklärt Louisa. "Und in meinem Job könnte es auch schwierig sein, daheim zu bleiben. Aber ich habe hart für mein Studium gearbeitet, deshalb steht die Karriere erstmal ganz oben." Genau dieser programmierte Zwiespalt scheint auch ein Faktor dafür zu sein, dass so wenig Mädchen Mint studieren.
Umso mehr verweist Louisa auf das Beispiel Schweden. Dort gibt es nicht nur ein umfangreich ausgebautes Kinderbetreuungssystem. Dort werden auch beide Elternteile mit steuerlichen Anreizen dazu ermutigt, die Elternzeit zu beanspruchen.
Und im Gegensatz zu Monja Fuchs und Ursula Pfannenmüller hat Louisa Herold auch im Ingenieurstudium nicht nur Zustimmung erlebt. Sie erinnerte sich an den Kommentar: "Wenn Sie Familie haben möchten, dann verstehe ich gar nicht, wieso Sie dann überhaupt studieren?" Louisa hat schnell gelernt, über solche Sprüche nur zu lächeln. "Solche Bemerkungen dürfen einen einfach nicht entmutigen", sagt sie. "Mir haben Mathe und Naturwissenschaften immer schon gefallen. Es ist wichtig, dahinter zu stehen. Dann schafft das jede Frau."
Eine Möglichkeit, sich über technische und naturwissenschaftliche Studiengänge zu informieren, bietet die Messe "vocatium" am 3.
und 4. Juli in der Meistersingerhalle in Nürnberg. Am Stand der TH Nürnberg wird auch Louisa Herold sein. Weitere Infos zu der Messe stehen auf der Seite www.erfolg-im-beruf.de/vocatium- mittelfranken.html
VON MARIA HEINRICH ⓘ S TART ins Studium
Mit roten Wangen, abgekauten Fingernägeln und schweißnassen Händen haben viele Schüler in Bayern ihr Abitur hinter sich gebracht. Aber was machen jetzt? Studieren? Ja! Aber was? Seit etlichen Jahren wird versucht, mehr Mädchen in den Mint-Bereich zu locken.
Der Bedarf an qualifizierten Fachkräften steigt jedes Jahr an. Deshalb wollen die EU-Mitgliedstaaten mehr junge Leute für die sogenannten Mint-Fächer, also Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technik, begeistern. Vor allem Mädchen.
Denn gerade in den Mint-Studiengängen ist das Verhältnis zwischen Frauen und Männern oft ziemlich ungleich, zum Beispiel an der Technischen Hochschule (TH) Nürnberg. Dort waren im vorigen Wintersemester in den Ingenieurwissenschaften 6000 Studierende immatrikuliert, davon nur etwa 16 Prozent Frauen.
Woran liegt das? Passen Frauen und Technik nicht zusammen? Oder haben Frauen Angst vor den naturwissenschaftlichen Studiengängen? Monja Fuchs schüttelt über solche Fragen nur den Kopf.
Die 20-Jährige aus Neunkirchen am Brand studiert Maschinenbau an der TH - und ist begeistert. Monja hat sich schon als Kind für Naturwissenschaften interessiert. In der Schule belegte sie Seminare über Fahrzeugtechnik und Ingenieurberufe. Sie nahm am Girls' Day teil und machte Ferienpraktika bei Betrieben, wo sie löten, fräsen, drehen, schweißen und Gewinde schneiden durfte.
Weil sie die Praxisorientierung im Gymnasialunterricht vermisst hatte, entschied sich die 20-Jährige für ein duales Studium, also eine Kombination zwischen Ausbildung und Studium. Dabei hat Monja beobachtet, dass sich sowohl die Jungs als auch die Mädchen "zusammenrotten" und Grüppchen bilden. Gerade am Anfang des Studiums bei den jungen Männern kollegialen Anschluss zu finden, sei ziemlich schwer.
"Während meiner Ausbildung ist mir aufgefallen, dass sich die männlichen Kollegen ein bisschen schwer mit mir getan haben", erzählt die 20-Jährige. "Ich war damals nämlich die einzige Frau im Betrieb. Deshalb fehlte zum Beispiel eine Umkleidekabine für Frauen. Die ist aber extra nachgerüstet worden." Auch in anderen Dingen genießt Mona einen Exotenbonus. Man gehe vorsichtiger und rücksichtsvoller mit ihr um als mit den Jungs.
Auch Ursula Pfannenmüller hat diesen Bonus kennengelernt. "Das ist wie eine Spotlightsituation", erklärt die Leiterin der Elektronik-Produktion bei Brose in Hallstadt, die in Erlangen Werkstoffwissenschaften studiert hat. "Du fällst als Frau auf. Das war mir nie so recht. Ich wollte lieber genau wie alle anderen behandelt werden." Genau wie Monja hat sich Ursula Pfannenmüller schon als Jugendliche für Technik begeistert. "Ich erinnere mich noch deutlich an einen Versuch in der Schule, bei dem eine Metallkugel im kalten Zustand durch einen Ring gepasst hat, im warmen Zustand aber nicht. Das war faszinierend".
Am meisten Probleme bereiteten Ursula Pfannenmüller die Hemmschwellen im eigenen Kopf. "Wenn ich vor einem technischen Problem stand, habe ich mir gesagt, das kannst du vielleicht nicht lösen." Das Wichtigste für die Ingenieurin war immer: Wer sich für Technik interessiert und etwas dafür tut, der schafft auch das Studium - egal ob Frau oder Mann. Und genau das versucht sie auch als Beraterin beim TH-Mentoring Projekt "Simone" an ihre Schützlinge weiterzugeben.
"Es ist mir ein persönliches Anliegen den Studentinnen bei Simone zu vermitteln, dass sie Familie und Karriere durchaus vereinen können", erzählt Ursula Pfannenmüller. "Ich habe mir eingeredet, ich müsste mich für eines entscheiden. Aber ich möchte die jungen Frauen unterstützen, beides zu vereinbaren".
Vor einer Entscheidung wird auch bald Louisa Herold stehen. Zumindest fühlt sich dazu gedrängt: "Trotz Kita, Elternzeit und allem, habe ich das Gefühl, dass die Wirtschaft von einer Frau fordert, eine Entscheidung zu fällen", sagt sie.
Louisa steht kurz vor ihrer Bachelor- Arbeit im Fach Medizintechnik mit dem Schwerpunkt Mechatronik und Feinwerktechnik. Und sie steht jetzt vor der schweren Wahl: Masterabschluss oder doch lieber einen Job annehmen - und damit der Familienplanung näher kommen.
"Ich kann mir als Frau nicht ewig Zeit lassen, das ist schließlich auch ein biologisches Problem", erklärt Louisa. "Und in meinem Job könnte es auch schwierig sein, daheim zu bleiben. Aber ich habe hart für mein Studium gearbeitet, deshalb steht die Karriere erstmal ganz oben." Genau dieser programmierte Zwiespalt scheint auch ein Faktor dafür zu sein, dass so wenig Mädchen Mint studieren.
Umso mehr verweist Louisa auf das Beispiel Schweden. Dort gibt es nicht nur ein umfangreich ausgebautes Kinderbetreuungssystem. Dort werden auch beide Elternteile mit steuerlichen Anreizen dazu ermutigt, die Elternzeit zu beanspruchen.
Und im Gegensatz zu Monja Fuchs und Ursula Pfannenmüller hat Louisa Herold auch im Ingenieurstudium nicht nur Zustimmung erlebt. Sie erinnerte sich an den Kommentar: "Wenn Sie Familie haben möchten, dann verstehe ich gar nicht, wieso Sie dann überhaupt studieren?" Louisa hat schnell gelernt, über solche Sprüche nur zu lächeln. "Solche Bemerkungen dürfen einen einfach nicht entmutigen", sagt sie. "Mir haben Mathe und Naturwissenschaften immer schon gefallen. Es ist wichtig, dahinter zu stehen. Dann schafft das jede Frau."
Eine Möglichkeit, sich über technische und naturwissenschaftliche Studiengänge zu informieren, bietet die Messe "vocatium" am 3.
und 4. Juli in der Meistersingerhalle in Nürnberg. Am Stand der TH Nürnberg wird auch Louisa Herold sein. Weitere Infos zu der Messe stehen auf der Seite www.erfolg-im-beruf.de/vocatium- mittelfranken.html