Den Bundesparteien laufen die Mitglieder davon - Aber auf Kreisebene konnten viele leicht zulegen
Den Parteien laufen die Mitglieder davon - so hat jüngst das Magazin "Stern" getitelt. Mit Ausnahme der Grünen müssen die Bundesparteien demnach herbe Verluste hinnehmen.
Allgemeine Politikverdrossenheit? Auf der Kreisebene betrachtet gilt dies nicht. Sagen die Kreisvorsitzenden.
FORCHHEIM - Politik ist wie ein Freizeitpark. Das sind zugegebenermaßen nicht exakt die Worte von Benedikt Graf Bentzel. Aber der Kreisvorsitzende der CSU und Geschäftsführer des Freizeitparkes Schloss Thurn sieht Parallelen: "Man muss in beiden Bereichen immer wieder etwas bieten um Leute zu halten." Halten - das hat die CSU geschafft: Mit 1662 Mitgliedern im Jahr 2008 und aktuell 1670 Mitgliedern zeigen sich die Christsozialen konstant. Doch: "Als Kreisvorsitzender sollte man sich nicht mit dem Status Quo zufrieden geben", sagt von Bentzel. Gerade wegen vieler älterer Menschen in den Reihen der CSU brauche man junge Leute. Deren Kern-Themen Beruf, Familie und die Vereinbarkeit von beiden sollen sich daher in der Union widerspiegeln.
Überschaubare FDP
Es gibt in diesen Wochen leichtere Aufgaben als ein FDP-Politiker zu sein. Sebastian Körber aber ist Profi genug, um jenen Optimismus auszustrahlen, den es für einen Politiker braucht. Mit 38 Personen ist die Zahl der FDP-Mitglieder im Landkreis freilich überschaubar. Doch als er 2008 gestartet sei, so Körber, waren es 19.
Austritte und Neuzugänge hielten sich derzeit die Waage, berichtet der Forchheimer Bundestagsabgeordnete. Die positiven Rückmeldungen erfahre er für das kommunalpolitische Engagement - darunter auch sein Vorschlag, das Annafest zum Weltkulturerbe zu machen. Beim Werben um junge Mitglieder will man im Kreisverband weiterhin auf neue Medien setzen: Facebook, Twitter, Blogs - alles Mittel, um mit jungen Leuten leicht in Kontakt zu kommen, sagt Körber.
Gern spricht Reiner Büttner über den SPD-Ortsverein Neunkirchen. Kann der Kreisvorsitzende doch dort auf ein auffällig junges Führungstrio verweisen: Der Vorsitzende Joshua Bürzle (18) wird von seinen Stellvertretern Moritz Schuderer (19) und Benjamin Hoell (28) unterstützt.
Landkreisweit gesehen ist die Altersstruktur jedoch auch bei den Sozialdemokraten in der SPD eine andere. In den 17 Ortsvereinen des Kreises sind 390 Mitglieder. Vor sechs Jahren waren es 420. "Ein überschaubarer Verlust", sagt Büttner.
Um junge Leute zu gewinnen benötige es Angebote wie die Stadtteilgruppe Buckenhofen - "eine Arbeitsgruppe des Ortsvereins", sagt Büttner. "Eine Teilnahme auch ohne Parteizugehörigkeit ist da möglich." Die Themen sollen sehr gemischt sein. "Der kommunale Abwasserverband ist nichts, was den Nachwuchs anlockt", sagt Büttner.
304. Dies ist die Zahl, die Peter Dorscht, Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler (FW) auf Anfrage der Nordbayerischen Nachrichten nennt. 20 davon seien Junge Freie Wähler. Um dies auszubauen, will die zweitstärkste Fraktion im Kreistag verstärkt auf Themen setzen, die junge Leute interessieren: Die Abschaffung der Wehrpflicht sei so ein Thema gewesen. Und aktuell seien es die Studiengebühren.
230 Mitglieder habe man im Jahr 2008 bei den FW registriert, so Dorscht. Rein von der Steigerung der Mitgliederzahl her betrachtet sind die Freien Wähler im Landkreis die großen Gewinner. Nahes Ziel sei nun die 400er Marke, sagt Dorscht.
"Ausbaufähig", kommentiert Lisa Badum selbstkritisch die Zahl der Grünen-Mitglieder im Landkreis. Von 40 noch vor zwei Jahren sei sie aber auf 60 gestiegen. "Doch diese Mitglieder leisten eine sehr engagierte Parteiarbeit", sagt die Kreisvorsitzende von Bündnis90/Die Grünen.
Zwar wachse das ökologische Bewusstsein, so Badum, doch gerade im ländlichen Raum habe man immer noch eine Scheu vor den Grünen. "Da fällt es manchen schwer, sich als Parteimitglied zu bekennen", sagt Badum. Um junge Menschen zu gewinnen, dürfe es aber nicht zu politisch zugehen. "Politik funktioniert zuerst über Menschen", sagt die Grünenpolitikerin.
Was blieb nach dem unerwarteten Ansturm auf die Segel der Piraten? 40 registrierte Mitglieder gibt es derzeit im Landkreis. Im Juli 2011 waren es 19, teilt Robert Streng, Direktkandidat für den Bundestagswahlkreis Bamberg/ Forchheim, mit. "Noch sind wir mit der Integration der Neumitglieder beschäftigt", sagt Streng.
Eine aktive Mitgliederwerbung falle derzeit aus Zeitgründen jedoch herunter. Streng: "Wir sind zu sehr mit den Wahlvorbereitungen beschäftigt." Schließlich wollen die Piraten in Bayern Einzug ins Parlament halten - umso mehr, nachdem die jüngsten Wahlen in Niedersachsen den Piraten eine krachende Niederlage beschert haben.
VON RURIK SCHNACKIG
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