Bubenreuther Streichquartett spielte in Ermreuth
Ein kammermusikalisches Frühlingskonzert erlebten die Besucher der Synagoge Ermreuth: Das Bubenreuther Streichquartett hat Beethoven, Haydn und Glasunow mitgebracht. Dabei zeigt das Ensemble, das aus Laien wie einem Berufsschullehrer und einem HNO-Facharzt besteht, ein für Amateure erstaunliches Niveau.
Überraschende Gemeinsamkeiten zwischen Haydn und Beethoven sind im Konzert zu hören. Beiden ist ihre Verehrung für Mozart deutlich anzumerken. Haydn und Mozart hatten sogar im Komponieren der neuartigen Gattung der Streichquartette miteinander gewetteifert, sich gegenseitig inspiriert und zitiert. Mozart war ja Haydns Schüler, und Beethoven lernte von Mozart. Das Bubenreuther Streichquartett, seit 1994 konzertant unterwegs, weiß um diese Parallelen und Anklänge und sie in geistreicher Unbeschwertheit umzusetzen.
Gefällige Melodien
Zuerst bei Beethovens 5. Streichquartett, das er, wie seine übrigen aus dem op. 18 im Auftrag seines Gönners Fürsten von Lobkowitz zu Papier gebracht hat. Melancholie und Leichtigkeit durchziehen die Partitur, gefällige Melodien und gefährliche Untertöne, die bereits ahnen lassen, welch kühne Kompositionen nach 1801 noch folgen sollten.
Ein lieblich-energisches Allegro, ein tänzerisch leichtes Menuetto und ein liedhaftes Andante krönen Gesa Kessler (1. Violine), Gabriela Mildner (2. Violine), Armin Buder (Viola) und Ulrich Eysholdt (Violoncello) mit einem leider etwas zu behäbigen Finalsatz. Zuweilen geht auch die Balance der Einzelstimmen, die gleichberechtigt neben- und miteinander klingen sollen, im Rausch der Noten etwas verloren. Dann dringt die erste Geige zu sehr durch und lässt den übrigen Ensemblemitgliedern wenig Raum zur Entfaltung.
Dynamische Ausbrüche
Eine Sonderstellung nehmen Glasunows exotische "Fünf Novelletten" op. 15 ein, die er als 16-Jähriger zu Papier gebracht hat. Eine eigentümliche Mischung aus russischer Schwermut, spanisch-flamencohaftem Feuer und wienerischer Walzerseeligkeit à la Johann Strauß Junior entflieht den Instrumenten. Die schillernden Noten, von dynamischen Ausbrüchen durchzogen, verdecken die morbide Grundstimmung - oder zumindest versuchen sie es. Dass er Spätromantiker in der Nachfolge Tschaikowskys war, zeigen seine Novelletten stilistisch und harmonisch. Dies aber mit meisterhafter Kontrapunktik, die das Bubenreuther Streichquartett zum Klingen bringt. Dann darf man sich an den wunderbaren Einfällen und Wendungen erfreuen, mit denen Haydn, mit Boccherini einer der "Erfinder" des Streichquartetts, in seinem op. 50 Nr. 6 für dynamische Abwechslung sorgt. Solange man "Papa Haydn", wie ihn sein Schüler Mozart genannt hat, nicht in romantischer Manier spielt, mit dem langen Bogen einen süßlichen Klang erzeugt und so der musikalischen Struktur des Werkes nicht auf den Grund geht.
Eigentümlicher Klangeffekt
Haydns "Frosch-Quartett" hat seinen Beinamen übrigens von einer besonderen Spieltechnik, die im Schlusssatz von der ersten Violine umgesetzt wird. In der "Bariolage" werden zwei Saiten zugleich angespielt, aber nur eine davon gegriffen, was einen eigentümlichen Klangeffekt erzielt, der an Gequake erinnern mag.
Das Bubenreuther Streichquartett weiß um die Eigenheit, die beide Violinen und die Bratsche zelebrieren, während das eigensinnige Cello sich in den tieferen Lagen tummelt. Hier wie in Beethovens Streichquartett gelingen den vier Dilettanten, ganz im Sinne des 18. Jahrhunderts und nicht im heutigen despektierlichen Sprachgebrauch gemeint, besonders die piano-, beziehungsweise pianissimo-Enden fabelhaft.
Erläuterungen fehlten
Ein großes Manko sind die fehlenden Erläuterungen zu den vielleicht nicht jedem Zuhörer so geläufigen Kammermusikpretiosen. Und das, obwohl Cellist Ulrich Eysholdt dies normalerweise leistet. Als Vorbild darf wohl Karlheinz Busch vom Bamberger Streichquartett dienen, der sehr detailreiche und doch unterhaltsame Einführungen, zuweilen in Anekdotenform liefert.
Stattdessen liest Benedikt Anzeneder (Erlangen) Gedichte Mascha Kalekos, die zwar zur Stimmung, aber nicht zum musikalischen Verständnis beitragen. Dem Bubenreuther Streichquartett fehlt trotz aller Anstrengungen an diesem Konzertabend das Packende, das Verstörende, das Leidenschaftliche, das neben aller metronomischer Präzision und technischem Raffinement Streichquartette ausmacht. UDO GÜLDNER
Ein kammermusikalisches Frühlingskonzert erlebten die Besucher der Synagoge Ermreuth: Das Bubenreuther Streichquartett hat Beethoven, Haydn und Glasunow mitgebracht. Dabei zeigt das Ensemble, das aus Laien wie einem Berufsschullehrer und einem HNO-Facharzt besteht, ein für Amateure erstaunliches Niveau.
Überraschende Gemeinsamkeiten zwischen Haydn und Beethoven sind im Konzert zu hören. Beiden ist ihre Verehrung für Mozart deutlich anzumerken. Haydn und Mozart hatten sogar im Komponieren der neuartigen Gattung der Streichquartette miteinander gewetteifert, sich gegenseitig inspiriert und zitiert. Mozart war ja Haydns Schüler, und Beethoven lernte von Mozart. Das Bubenreuther Streichquartett, seit 1994 konzertant unterwegs, weiß um diese Parallelen und Anklänge und sie in geistreicher Unbeschwertheit umzusetzen.
Gefällige Melodien
Zuerst bei Beethovens 5. Streichquartett, das er, wie seine übrigen aus dem op. 18 im Auftrag seines Gönners Fürsten von Lobkowitz zu Papier gebracht hat. Melancholie und Leichtigkeit durchziehen die Partitur, gefällige Melodien und gefährliche Untertöne, die bereits ahnen lassen, welch kühne Kompositionen nach 1801 noch folgen sollten.
Ein lieblich-energisches Allegro, ein tänzerisch leichtes Menuetto und ein liedhaftes Andante krönen Gesa Kessler (1. Violine), Gabriela Mildner (2. Violine), Armin Buder (Viola) und Ulrich Eysholdt (Violoncello) mit einem leider etwas zu behäbigen Finalsatz. Zuweilen geht auch die Balance der Einzelstimmen, die gleichberechtigt neben- und miteinander klingen sollen, im Rausch der Noten etwas verloren. Dann dringt die erste Geige zu sehr durch und lässt den übrigen Ensemblemitgliedern wenig Raum zur Entfaltung.
Dynamische Ausbrüche
Eine Sonderstellung nehmen Glasunows exotische "Fünf Novelletten" op. 15 ein, die er als 16-Jähriger zu Papier gebracht hat. Eine eigentümliche Mischung aus russischer Schwermut, spanisch-flamencohaftem Feuer und wienerischer Walzerseeligkeit à la Johann Strauß Junior entflieht den Instrumenten. Die schillernden Noten, von dynamischen Ausbrüchen durchzogen, verdecken die morbide Grundstimmung - oder zumindest versuchen sie es. Dass er Spätromantiker in der Nachfolge Tschaikowskys war, zeigen seine Novelletten stilistisch und harmonisch. Dies aber mit meisterhafter Kontrapunktik, die das Bubenreuther Streichquartett zum Klingen bringt. Dann darf man sich an den wunderbaren Einfällen und Wendungen erfreuen, mit denen Haydn, mit Boccherini einer der "Erfinder" des Streichquartetts, in seinem op. 50 Nr. 6 für dynamische Abwechslung sorgt. Solange man "Papa Haydn", wie ihn sein Schüler Mozart genannt hat, nicht in romantischer Manier spielt, mit dem langen Bogen einen süßlichen Klang erzeugt und so der musikalischen Struktur des Werkes nicht auf den Grund geht.
Eigentümlicher Klangeffekt
Haydns "Frosch-Quartett" hat seinen Beinamen übrigens von einer besonderen Spieltechnik, die im Schlusssatz von der ersten Violine umgesetzt wird. In der "Bariolage" werden zwei Saiten zugleich angespielt, aber nur eine davon gegriffen, was einen eigentümlichen Klangeffekt erzielt, der an Gequake erinnern mag.
Das Bubenreuther Streichquartett weiß um die Eigenheit, die beide Violinen und die Bratsche zelebrieren, während das eigensinnige Cello sich in den tieferen Lagen tummelt. Hier wie in Beethovens Streichquartett gelingen den vier Dilettanten, ganz im Sinne des 18. Jahrhunderts und nicht im heutigen despektierlichen Sprachgebrauch gemeint, besonders die piano-, beziehungsweise pianissimo-Enden fabelhaft.
Erläuterungen fehlten
Ein großes Manko sind die fehlenden Erläuterungen zu den vielleicht nicht jedem Zuhörer so geläufigen Kammermusikpretiosen. Und das, obwohl Cellist Ulrich Eysholdt dies normalerweise leistet. Als Vorbild darf wohl Karlheinz Busch vom Bamberger Streichquartett dienen, der sehr detailreiche und doch unterhaltsame Einführungen, zuweilen in Anekdotenform liefert.
Stattdessen liest Benedikt Anzeneder (Erlangen) Gedichte Mascha Kalekos, die zwar zur Stimmung, aber nicht zum musikalischen Verständnis beitragen. Dem Bubenreuther Streichquartett fehlt trotz aller Anstrengungen an diesem Konzertabend das Packende, das Verstörende, das Leidenschaftliche, das neben aller metronomischer Präzision und technischem Raffinement Streichquartette ausmacht. UDO GÜLDNER